Pro und Contra: Beitritt der Türkei in die EU

Aus Jugendsymposion
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von Jessica Meißner, 1. März 2010


Der Beitritt der Türkei in die Europäische Union wird seit Jahrzenten diskutiert, bereits 1959 bewarb sich sie sich für die Mitgliedschaft der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und seit dem 11. Dezember 1999 ist sie ein offizieller Beitrittskandidat.

So wie für, als auch gegen den Beitritt gibt es bereits viele Argumente, einige wichtige Gegenargumente sind z.B. die Änderung der Verfassung um dem europäischen Standard näher zu kommen; dazu gehört die Entmachtung des Militärs, von dem ein Putsch gegen die AKP (gegenwärtige konservative Regierung der Türkei) zu befürchten ist, sowie die Verbesserung der Menschenrechte denn, dass z.B. Folter existiert ist immer noch ein offenes Geheimnis. Religions- und Meinungsfreiheit sind noch immer stark eingeschränkt; dazu gehören das Kopftuchverbot an den Universitäten und das Verbieten von Parteien wegen „separatistischer Aktivitäten“ (Bestrebungen für einen eigenen Staat der Kurden). Argumente für den EU-Beitritt sind z.B., dass die Hoffnung auf den Beitritt in der Türkei eine ungeheure Reformbereitschaft hervorruft, eine Ablehnung könnte dazu führen, dass sich die Türkei wieder mehr an der arabisch-islamischen Welt orientiert oder hinter den Status Quo (angestrebter Normalzustand) zurückfällt.

Manche Menschen hoffen darauf, dass die Türkei als EU-Mitglied als eine Art „Brücke zum Islam“ dienen kann, das Hauptgegenargument war; die anderen Islamistischen Länder könnten die Türkei als Verräter ansehen oder befürchten, dass der Westen mit Hilfe der Türkei auch ihnen seine Kultur aufzwängen will. Das ist meiner Meinung nach aber ein Argument, dass schon länger nicht mehr aktuell ist, denn die Türkei ist zwar tatsächlich europäischer geworden und hat durch ihre Kemalistischen Bestrebungen in den letzten Jahrzehnten mit recht radikalen Mitteln versucht die Religion vom Staat zu trennen. Jedoch ist sie in letzter Zeit auch wieder viel offener gegenüber dem Islam geworden, zumindest gibt es einige, die dafür kämpfen ihre Religion wieder öffentlicher ausleben zu dürfen. Diese Menschen sollte man aber auf gar keinen Fall mit jener Minderheit verwechseln, die den gesamten Staat wieder islamisieren will, auch sie wollen das Erbe Atatürks ehren und Erhalten.

Meiner Meinung nach ist ein Beitritt der Türkei in der Zukunft auf jeden Fall denkbar, viele Argumente gegen den Beitritt sind natürlich gerechtfertigt, aber mit der Zeit abbaubar. Viele Menschen fürchten ganz einfach eine Islamisierung Europas, die ich für unberechtigt halte, da gerade die Türkei, durch ihr Kemalistisches Erbe (Verehrung Atatürks), im Vergleich zu anderen Mitgliedsstaaten, besonders radikal für die Trennung von Staat und Kirche kämpft.

Ob die Türkei, oder auch andere Staaten, nur deshalb nicht in die EU dürfen, weil sie geografisch eigentlich nicht mehr in Europa liegen, wie z.B. Marokko, finde ich lächerlich, denn der Name eines Staatenbundes kann nötigenfalls geändert werden. Dass der Bund zu groß werden könnte halte ich auch nicht für ein berechtigtes Argument, man vergleiche die EU nur mal mit den USA, außerdem liefe ein immer größer werdendes Bündnis von Staaten möglicherweise darauf hinaus, das die EU zu einer WU (Welt Union) werden könnte, das klingt vielleicht utopisch, denn der Beitritt von z.B. dritte Welt Ländern ist nach den heutigen EU Beitrittsbedingungen überhaupt nicht möglich, aber in bestimmter Weise sollte die Globalisierung doch genau dazu führen, dass letztendlich alle Staaten wirtschaftlich und sozial zusammenarbeiten.

Fazit: kein Staat sollte grundsätzlich und von Vornherein als Mitgliedskandidat abgelehnt werden, wenn seine Vorrausetzungen stimmen und er die Bedingungen für den EU- Beitritt erfüllt, sollte er nicht aufgrund geografischer oder religiöser Unterschiede ausgeschlossen werden.

Da die Türkei im Moment diese Beitrittsbedingungen noch nicht alle erfüllen kann, finde ich es in Ordnung den Beitritt weiterhin hinauszuzögern, nicht aber ihn grundsätzlich abzulehnen.


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