Macht Geld glücklich?

Aus Jugendsymposion
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Macht Geld glücklich?


Von Benjamin Mitzkus, 15. Oktober 2010


Eine Frage, die ich mir immer wieder stellen muss, ist, ob Geld in großer Menge glücklich macht.

Dauernd stößt man in unserer westlichen Welt auf Dinge, die man haben möchte, die einen aus der Werbung geradezu anspringen. Oft fragt man sich, wie man bisher ohne dieses oder jenes technische Hilfsmittel leben konnte. Meist scheitert man aber daran, dass das Geld für manche Produkte eben nicht reicht.

In solchen Situationen frage ich mich jedesmal, ob ich glücklich wäre, wenn ich mir alles, was ich momentan haben möchte, auch sofort kaufen könnte. Wenn ich also quasi über eine unendliche Menge Geld verfügen würde und mir so jeden (materiellen) Wunsch erfüllen könnte, wäre ich komplett zufrieden?

Rein äußerlich ist diese Frage leicht zu beantworten, denn wenn man sich jedes beliebige Kleidungsstück, jedes Essen, jeden äußerlichen Wunsch erfüllen könnte, wäre man, was alle Arten der materiellen Bedürfnisse angeht, zufrieden.

Genau diesen Zustand versucht uns ja die Werbung vorzugaukeln, indem man dauernd gezeigt bekommt, wie glücklich man mit jedem neuen Produkt wird.

Doch jedes neu erstandene Produkt deckt immer nur einen Teilbereich des Glücks ab, meistens sogar nur einen momentan aktuellen. Wenn ich mir beispielsweise etwas zu Essen kaufe, schmeckt es vielleicht 30 Minuten gut, ich bin etwa 6-8 Stunden satt, vielleicht erinnere ich mich noch eine Woche an den guten Geschmack, aber spätestens dann muss ich dieses Erlebnis erneuern, ich brauche erneut für dasselbe Erlebnis dieselbe Menge Geld. Mit der Zeit steigen die Erwartungen, ich brauche mehr Genuss (also auch Geld) für dieselbe Menge an Zufriedenheit.

An diesem Beispiel zeigt sich klar, dass sich jede Art von äußerlichen Bedürfnissen nur eine Zeit lang decken lässt. Gleichzeitig hätte ich aber genug Geld, um den Genuss regelmäßig zu erneuern. Doch zum Leben gehört noch ein anderer Aspekt. Um glücklich zu sein, brauche ich auch eine innerliche Zufriedenheit. Für diese brauche ich Freunde, Emotionen und Liebe. Dazu gehören ästhethische Ansprüche an meine Umwelt, oft beeinflusst einfach das Wetter schon meinen Gemütszustand.

Bei Freunden wäre die Sache noch relativ einfach. Die Freunde, mit denen ich im Moment klarkomme, könnten ja auf meine Kosten das selbe Leben führen wie ich. Von ihnen würde sich bestimmt keiner beklagen.

Liebe und Mitgefühl zum Beispiel lässt sich aber nicht mehr kaufen. Man kann die tollsten Schauspieler bezahlen, die einem diese Gefühle vorspielen, doch echte Emotionen sind nicht käuflich. Dennoch gehören gerade diese Dinge zu einem glücklichen Leben, meistens mehr noch als materieller Reichtum.

Wenn man aber zu Dingen wie dem Wetter oder einem glücklichen Zufall kommt, so kommt man gänzlich in den Bereich dessen, was in unserer Welt (zum Glück) nicht käuflich ist. Viele Sachen würden für mich an Wert verlieren. Wie freut man sich zum Beispiel über relativ kleine Dinge schon. Vorgestern fand ich vor dem Bahnhof ein Zwei-Euro-Stück. Nun sind zwei Euro noch nicht besonders viel Geld, dennoch habe ich mich einen Moment lang sehr darüber gefreut, dass gerade ich sie aufhob. Eine solche Begebenheit wäre nichts mehr wert, weil die zwei Euro ebenfalls keinen Wert für mich hätten.

Und machen nicht auch gerade die Dinge Glück aus, die man sich nicht gleich kaufen kann, sondern auf die man spart, die man sich womöglich nur einmal im Leben gönnt? Nimmt man nicht viel intensiver wahr und freut sich viel länger an beispielsweise einer Reise, wenn man nur alle zwei oder gar fünf Jahre einen Urlaub finanzieren kann? Ich denke, gerade das Warten auf etwas, das Arbeiten für etwas macht die Sache an sich um ein vielfaches schöner und wertvoller.

Man hört auch immer wieder von Lottogewinnern, die mit dem Geld nicht umgehen können, die es verspielen oder verfeiern und am Ende ärmer sind als vorher. Die Selbstmordrate unter Lottogewinnern, die vorher nur über wenig Vermögen verfügten, ist bedeutend höher als die unter Menschen mit dem selben Vermögen, die keinen Lottogewinn machen. Auch von diesen Menschen liest man in Interviews, dass der Lottogewinn nur ein relativ einschneidendes, nicht aber Glück bringendes Erlebnis war.

Ich denke, man wird durch eine begrenzte Menge Geld über lange Sicht glücklicher, denn man setzt sie gezielter ein und kann noch genießen, was man sich leistet. Eine unendliche Menge an Geld kann sicherlich auch eine Zeit lang glücklich machen, doch ein völlig sorgenfreies Leben bekommt man hiermit nicht. Im Gegenteil, man überfrisst sich solange an vermeintlich wunderbaren Eindrücken, dass einem zuletzt lange Jahre bleiben, in denen man nichts mehr genießen kann. Oder, einschränkend, in denen man nichts mehr von dem genießen kann, was man sich jetzt von einer unendlichen Menge Geld erhofft. Die Begegnung mit Menschen, die Emotionen und die Erinnerungen an Erlebtes mit Freunden werden weiterhin Glück bringen, denn gerade die Dinge, die man sich nicht kaufen kann, machen das Leben schöner, da sie ständig anders sind und sich niemals exakt wiederholen werden.