Leistungsgesellschaft, individuelle Leistung und sportliche und schulische Maßstäbe

Aus Jugendsymposion
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von Sinah Malz, 22. Februar 2010


In der 11. Klasse haben wir uns eine Zeit lang mit dem Thema Leistung auseinander gesetzt. Die Schwerpunkte lagen hier in ihrer Definition und unserer heutigen Leistungsgesellschaft, die uns nicht vorschreibt, was wir zu werden haben, sondern uns Möglichkeiten und Ziele offenbart, die wir durch angemessene Leistung erreichen können. Schon zu dem Zeitpunkt und seit dem auch weiterhin habe ich mir über dieses Thema, besonders im Zusammenhang mit der schulischen Leistung, Gedanken gemacht und werde dies in diesem Essay noch etwas weiter ausführen. Die wesentlichen Punkte werden dabei sein:


- Einleitung: Was ist Leistung?
> sportliche und schulische Leistung
- Unserer heutige Leistungsgesellschaft
> Ihre Vorteile
> Ihre Nachteile
- Fazit


Einleitung: Was ist Leistung?

Leistung ist immer mit Mühe verbunden, setzt aber auch eine gewisse Grundfähigkeit voraus. Wer Leistung erbringen will, muss dafür üben, trainieren, lernen, um ein bestimmtes Ergebnis erreichen zu können. Erzielt man dieses Ergebnis ohne Anstrengung, wurde auch keine Leistung erbracht. Das Gebiet, in welchem man diese vollbringen will, muss sich allerdings auch im eigenen möglichen Rahmen befinden, denn sonst ist ein Erbringen der gewünschten Leistung von vorn herein ausgeschlossen. Beispiel: So hätte derjenige Leistung erbracht, der nach viel Training auf 100 Metern 11,9 Sekunden läuft, wenn er ein paar Monate früher noch bei 12,3 Sekunden lag. Völlig ohne Leistung wäre es dann aber abgelaufen, wenn er sowieso schon bei 11,9 Sekunden oder sogar darunter lag. Auch ein gehbehinderter Mensch der sich an diese Aufgabe gemacht hätte, wäre zwar in der Lage gewesen, Leistung zu erbringen, aber die 11,9 Sekunden lägen nicht in seinem Rahmen. Ein noch drastischeres Beispiel wäre hierfür ein Mensch, der versucht, aus eigener Kraft zu fliegen, was durchaus in keinem Fall in seinem Leistungsrahmen liegt, wenn er sich auch noch so viel Mühe gibt. An diesen Beispielen wird deutlich, dass individuelle Leistung ein Zusammenspiel von zwei Komponenten ist: Dem Weg und dem Ziel. Bei diesem Beispiel also dem Training und dem Endergebnis von 11,9 Sekunden. Wenn dieser Läufer nun aber bei einem Wettkampf startet und er diese 11,9 Sekunden braucht, um Erster zu werden, was er dann auch wird, zählt nur das Ergebnis als Leistung: „Er hat die 11,9 Sekunden geknackt“ oder „Er ist Erster geworden“. Wie er dahin gekommen ist, spielt dann keine Rolle mehr. Er hat sein Ziel erreicht, für ihn selbst war aber der Weg das Entscheidende, denn nur dadurch konnte er zu diesem Ergebnis kommen. Leistung wird also auch durch investierte Zeit bestimmt und den Willen, der zum Vorankommen aufgebracht werden muss. Wer keine Zeit investiert und ohne Elan dabei ist, kann auch kein höheres Ziel erreichen, was dann oft im Sportlichen oder auch im Schulischen heißt, es wurde kaum bis keine Leistung erbracht.


Sportliche und schulische Leistung

Wie oben schon ansatzweise gezeigt, wird sportliche Leistung meistens nur aus ihrem Ergebnis heraus definiert. Wie der Sportler allerdings zu diesem Ergebnis kam, also wie hart er dafür trainiert hat, wird nicht mit einbezogen, wobei im Sport ohne Training so gut wie keine Leistungssteigerung erbracht werden kann. Dies führt dazu, dass man in Wettkämpfen gegen seine Gegner immer weniger Chancen hat, obwohl man eigentlich die gleichen Grundvoraussetzungen besitzt. Diese Grundvoraussetzungen sind beispielsweise Geschlecht, Alter und teilweise auch die Liga, was also bedeutet, dass Wettkämpfe möglichst von gleichstarken Gegnern ausgeführt werden. Der Sinn dahinter wird schnell klar: Je nach Geschlecht, Alter und anderen Komponenten, hat man verschiedene Grundvoraussetzungen die es einem ermöglichen bestimmte Leistungen zu vollbringen. So macht es keinen Sinn, ein zehnjähriges Mädchen gegen einen erwachsenen Boxer antreten zu lassen, weil in keiner Weise eine Chancengleichheit besteht und so auch das Ergebnis schon vorher klar wäre. Dies würde natürlich, abgesehen davon, dass niemand auf die Idee eines solchen Kampfes käme, die Spannung erheblich vermindern. Ähnlich ist es auch im schulischen Bereich. Hier gibt es verschiedene Klassenstufen und in Deutschland speziell auch noch Hauptschule, Realschule und Gymnasium, um relative Chancengleichheit zu schaffen. Hier wird es allerdings ungleich komplizierter. Zum einen sollte man in der Schule auch noch darauf bedacht sein, nicht nur das Ergebnis, sondern auch den Weg des einzelnen Schülers in die Leistungsbewertung mit einfließen zu lassen, zum anderen lassen Begriffe wie Intelligenz oder Begabung im Grunde kaum die selben Grundvoraussetzungen zu. Diese Talente gleichen ein wenig dem Dopingmittel beim Sport. Zwar kann man auch dort gewisse Talente haben, allerdings sind sie ohne Training kaum zu halten oder zu verbessern. Dopingmittel macht den Körper ohne Übung stark, Begabung/Intelligenz ist einem ebenfalls ohne Anstrengung gegeben worden und macht manche Dinge, ohne etwas dafür zu tun, ebenfalls leichter. An Sport und Schule ist auch gut zu zeigen, wie Leistung bewertet wird. Im Sportlichen wird, wie schon erwähnt, an den Gegnern die Leistung des Einzelnen gemessen, nämlich wie sein Ergebnis zu denen der anderen steht. Ebenso ist es in der Schule im mündlichen Bereich. Hier werden die Meldungen und richtigen Antworten meistens im Gegensatz zu den Mitschülern gesehen und bewertet. Anders ist dies im schriftlichen Teil bei Arbeiten. Hier gibt es meistens ein Maß, ein Ziel, ein Ergebnis, welches es zu erreichen gilt. Die Leistung des Einzelnen wird dann an den erreichten Punkten in Relation zum Maximum gemessen. Hier finde ich es aber besonders wichtig, sich auch die individuelle Leistung des Einzelnen gut anzuschauen, also die Zeit, die er für das Ergebnis investiert hat oder auch wie ein neuer Test im Vergleich zum Alten war. Denn oft sind dieselben Ergebnisse in einer Arbeit ganz unterschiedliche für die Schüler selbst. So hat ein Schüler, dem dieses Fach leicht fällt, sich nicht besonders gut vorbereitet und knapp über die Hälfte der Punkte erreicht, ein anderer aber, der etwas Probleme in diesem Fach hat, viel Zeit ins Lernen investiert und nun eine für ihn durchaus gute Arbeit mit ebendieser Punktzahl geschrieben.


Unsere heutige Leistungsgesellschaft

Leistungsgesellschaft bedeutet, dass der Beruf nicht mehr durch das frühere Geburtsprinzip vorherbestimmt ist, sondern jeder entsprechend seiner Leistung seinen Platz in der Gesellschaft finden kann (und muss). So hängt der Großteil des Lebensweges (ungefähr seit der Französischen Revolution 1789  Umstürzung des „Gottesgnadentums“) davon ab, wie viel Leistung man für das Erreichen seiner Ziele einbringt und nicht davon, aus welchen sozialen Stand und Umfeld man durch seine Familie startet, wenn man die Fördermittel Geld und Beziehungen mal außen vor lässt.

Die Vorteile

In dieser Gesellschaft hat (fast) jeder die Chance, sein Leben und somit auch dass Erreichen seiner Ziele, wie seinen Traumberuf, selbst in die Hand zu nehmen. Dies bedeutet gleichzeitig, dass es eine viel höhere Chancengleichheit gibt, da der Sohn eines Bauern nicht auch Bauer werden muss, sondern z. B. Ingenieur werden kann. Eine weitere Errungenschaft dieser Gesellschaft ist das Recht auf Bildung für alle, welches durch die Schulen verkörpert wird. Dort kann sich jeder mit Gleichaltrigen messen, kann seine Stärken und Schwächen erkennen und sollte in diesem Prozess vor allem von den Lehrern auch unterstützt werden. Die Aufgabe der Schule ist also auch die, dass sie die Schüler vorbereitet und sie in die gesellschaftliche Position führt, die ihren Leistungen angemessen ist. Dies beinhaltet gleichzeitig, dass vor allem auch Talent und Begabung der einzelnen Schüler gefördert werden sollte, was für ihn natürlich einen großen Vorteil für seinen weiteren Lebensweg beinhaltet.


Die Nachteile

Die Tatsache, dass in dieser Leistungsgesellschaft nun jeder seinen Platz durch seine Leistungen einnimmt, kann für viele auch schnell zum Problem werden. Zum einen hat man, auch wenn man gut verdienende Ärzte als Eltern hat, keine Garantie darauf, ebenfalls so eine erfolgreiche berufliche Laufbahn einzuschlagen, zum anderen ist das Angebot an Berufen enorm groß. Dadurch wird die Chance die dieses System offenbart, von vielen als Quälerei empfunden, eben durch dieses große Angebot, vor allem aber auch durch die Anforderungen an Leistung, die damit verbunden sind. Ein weiteres Problem ist das Bewerten der Leistung vor allem in der Schule. Hier wird die Leistung der Einzelnen an allgemeinen Maßstäben gemessen und bewertet, was, durch die schon erwähnten Begabungen, Talente und Intelligenz, eigentlich nie zu einer wirklichen Chancengleichheit führen kann, da jeder unterschiedliche Voraussetzungen besitzt..


Persönliches Fazit

Wie in dem vorausgehenden Text wohl klar geworden ist, kann man Leistung als einen sehr dehnbaren und umfangreichen Begriff ansehen, dessen Definition und Bewertung einige Probleme machen kann und macht. Bei www.wikipedia.org habe ich folgende Definitionen speziell für die Schulleistung gefunden:

- „Schulleistung ist die intellektuelle Leistung, die zum Lernen eines Lernstoffes innerhalb einer gegebenen Zeit nötig wäre, wenn man davon ausgeht, dass der Lernstoff unbekannt ist.“ - Leistung ist ein: „von der Schule gefordertes und vom Schüler zu erbringendes Ergebnis seiner Lerntätigkeit. Die Schulleistung wird unabhängig von besonderen Lernbedingungen des Schülers nach einer Norm gemessen. Weder der Anteil der Lehrer-Schüler-Beziehung an die Lernmotivation, noch familiär ungünstige oder hemmende Voraussetzungen werden bei der Leistungsbewertung berücksichtigt."

Genau in diesen Definitionen (in der zweiten noch deutlicher) sehe ich das Problem der heutigen Gesellschaft und vor allem auch der Schule. Schüler werden nach allgemeinen Maßstäben in ihrer Leistung bewertet, ohne dabei auf ihre individuellen Schwächen und Stärken einzugehen, die zwar vorhanden sind, aber nicht beachtet werden sollen. Hierdurch soll eine Chancengleichheit zustande kommen, die in meinen Augen genau ins Gegenteil umschlägt, denn ich denke nicht, dass man die individuell erbrachte Leistung der einzelnen Schüler wirklich an allgemeinen Maßstäben messen kann. Viel mehr denke ich, dass es sinnvoll ist, jeden einzelnen Schüler in seiner ganz individuellen Entwicklung zu sehen und die Maßstäbe wie Tests und Arbeiten so zu sehen, dass sie Indikatoren der individuellen Leistung darstellen: - Wie weit hat sich ein Schüler in einem bestimmten Zeitraum entwickelt? - Wo liegen seine Stärken und Schwächen? -. Genauso finde ich es wichtig, auch im Unterricht und den Hausarbeiten immer zu schauen, wie die Entwicklung von statten geht, auch im Hinblick auf Arbeiten, um beurteilen zu können, wie viel Anstrengung es den einzelnen Schüler gekostet, bzw. wie viel Mühe und Zeit er investiert hat. Dies ist, im Zusammenhang gesehen, ein Lob an die Waldorfschule dafür, dass sie versucht, genau diesen Weg zu gehen. Meiner Meinung nach sollte auch das allgemeine Schulwesen eher in diese Richtung gehen, damit man ein Stück weiter zur Chancengleichheit und somit auch auf faire Zukunftschancen für jeden Einzelnen zugehen kann. Ich weiß, es ist nicht von heute auf morgen machbar und wesentlich komplizierter umzusetzen als das Bewerten durch allgemeine Maßstäbe aber zum Wohle jedes jungen Menschen würde es sich meiner Meinung nach lohnen, die Zukunft der Schule eher in diese Richtung zu leiten.


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