Essays zum Thema »Zukunft« (Auswahl): Unterschied zwischen den Versionen

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Essays zum Thema »Zukunft« (Auswahl)
 
Essays zum Thema »Zukunft« (Auswahl)
  
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Thema 1 <br>
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'''Gibt es ein Erinnern für die Zukunft oder kann nur das Vergessen den Freiraum schaffen, in dem Zukunft sich ereignen kann?''' <br>
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Nehmen wir an, wir würden vergessen, was sich kulturell vor unserem eigenen Leben ereignet hat und mit einem freien Blick der Zukunft unvoreingenommen und naiv entgegen treten. Frei und unbeschwert wie ein Kind, ganz in der Gegenwart lebend!
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Wie sähe unsere Gesellschaft heute aus, wenn wir die bisherigen Kenntnisse über die Weltgeschichte, jegliche Traditionen, Religionen und Kulturen nicht mehr erinnern und aufrecht erhalten könnten, ohne den Glauben, der vielen Menschen Hoffnung und Lebenskraft schenkt?
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Wären wir zu demselben Menschen geworden der wir heute sind?
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Was wären die Werte, die unserem Leben Sinnhaftigkeit und Tiefe gäben?
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Die Verbundenheit mit der Vergangenheit prägt unser Leben und jede Persönlichkeit gravierend.
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In der Gegenwart lebend, erinnern wir in jedem Augenblick unsere Vergangenheit, aus welcher wir die Zukunft schöpfen und mitgestalten.
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Gibt es also ein Erinnern  für die Zukunft?
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Eine Überlegung, die erst einmal widersprüchlich klingt:
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Das Erinnern ist ein Vorgang, in dem vergangene Ereignisse, Eindrücke und Erlebnisse in Gedanken bewegt werden und so in der Gegenwart lebendig erhalten bleiben. Die Zukunft ist definiert als ungewisses Bevorstehendes. Kann trotzdem eine Verbindung zwischen diesen beiden Polaritäten bestehen? Wie können wir diese in Worte fassen?
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In der Grammatik wird hierfür das Futur 2 verwendet (Beispiel: ich werde getan haben) um eine abgeschlossene Zukunft zu beschreiben... oder viel eher eine zukünftige Vergangenheit?
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Kann Erinnerung auch die Zukunft blockieren?
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Gedanken an vergangenes können sehr Platz einnehmend sein und den Visionen der Zukunft wenig Freiraum lassen. Beispielsweise, wenn man mit einem Ereignis wie dem Tod eines Freundes oder der Trennung eines Partners nicht abschließen kann und gedankenversunken an Erinnerungen hängt, anstatt tatkräftig die Gegenwart zu ergreifen. Ist man so sehr auf Vergangenes fixiert, so kann dies Schwierigkeiten bereiten, den Blick nach vorne zu wenden, um sich weiterentwickeln zu können. Um Freiraum für die Zukunft zu schaffen, muss man sich distanzieren  und die Situationen loslassen.
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In der Biologie sehen wir, dass Entwicklung nicht ohne den Tod stattfinden kann. Ein Beispiel hierfür ist die die Entwicklung vom omnipotenten und somit unsterblichen Einzeller zur Volvox. Durch eine Differenzierung wurde der Einzeller sterblich, jedoch auch höher entwickelt und leistungsfähiger. Hier zeigt sich, dass zur Entwicklung auch das Zurücklassen gehört und die damit verbundenen Verluste.
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Erinnerungen, die ein festes Bild hinterlassen können sich auch negativ auswirken und den Freiraum einschränken.
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Dieses geschieht, wenn Vorurteile eine unvoreingenommene Begegnung verhindern und der Betroffene nicht die Möglichkeit hat, seine Persönlichkeit so zu zeigen, wie er es möchte. Er ist in seiner Freiheit eingeschränkt, Veränderung zu zeigen, weil er damit den Erwartungen des Gegenübers nicht gerecht wird. Beispielsweise kann es vorkommen, dass ein Deutscher im Ausland moralisch verurteilt und mit kritischen Blicken beobachtet wird, da seine Herkunft schnell mit dem Nationalsozialismus in Verbindung gebracht wird. Diese Assoziationen können auch sehr Unterbewusst geschehen, ohne jegliche Absicht der Diskriminierung. Der Deutsche jedoch ärgert sich möglicherweise darüber, dass er für die Taten seiner Vorfahren verantwortlich gemacht wird. Und trotzdem trägt er ein Stück der Kollektiv-Scham in sich, das Wissen von der Brutalität und Ungerechtigkeit im sogenannten Dritten Reich. Auch dieser Zeitabschnitt gehört zur Geschichte seiner Nationalität und darf unter keinen Umständen vergessen werden: Aus Respekt und Mitgefühl gegenüber jenen, welche ihr Leben verloren haben und jenen, welche viele Jahre unter grausamen Bedingungen zu überleben versuchten. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass durch das Erinnern mögliche Wiederholungen vermieden werden können. So lernen wir schon im Kleinkindalter, dass man aus seinen Fehlern lernen kann. Der erste Schritt hierzu ist die Selbstreflexion. Durch diese Fähigkeit ist es dem Menschen möglich, bewusste Entscheidungen für die Zukunft zu treffen, basierend auf Lebenserfahrung, Erinnerungen an Vergangenes.
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Damit haben wir nun die Notwendigkeit und Funktionen des Erinnerns ergründet. Folglich stellt sich die Frage, welche Auswirkungen das Vergessen für unsere Zukunft hat.
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Was wäre der Alltag ohne das Vergessen? Wenn jeder Eindruck und jede Information im Gedächtnis gespeichert würde? Durch das Vergessen der unwesentlichen Dinge können wir Essentielles
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herausheben und bewahren.
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Das Vergessen ist nicht aktiv zu regulieren. Je mehr man versucht, etwas unbedingt zu vergessen, desto fester wird es im Unterbewusstsein gespeichert.
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Vergessen kann eine Reaktion des Selbstschutzes sein, schlechte Erfahrungen können nach einiger Zeit in Vergessenheit geraten und die Aufmerksamkeit wieder nach vorne, in die Zukunft gerichtet werden. Unterbewusst ist die Erfahrung jedoch noch präsent und kann weiterhin Auswirkungen auf die Zukunft haben.
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In der Waldorfpädagogik wird  das Vergessen als Methode genutzt: Es wird in Epochen unterrichtet; nachdem ein Thema intensiv behandelt wurde, lässt man es einige Zeit ruhen. Somit verschwindet das angeeignete Wissen möglicherweise aus dem vordergründigen Gedächtnis, wird aber im Unterbewusstsein gespeichert und erreicht damit mehr Tiefe. Durch eine kurze Wiederholung können dann viele dieser Informationen wieder ins Bewusstsein gerufen werden.
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Unbewusstes Vergessen und bewusstes Erinnern verschmelzen miteinander in der Gegenwart.
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Prägt unterbewusstes Erinnern also auch unsere Zukunft?
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Könnte dann auch das Vergessen, das Verlieren aus dem bewussten Gedächtnis, unsere künftigen Entscheidungen prägen?
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Traumatisierende Erlebnisse beispielsweise, welche sich in der frühkindlichen Zeit eines Menschen ereignen, auf die das bewusste Erinnerungsvermögen keinen Zugriff hat, prägen dennoch die Persönlichkeit in ihrer Entwicklung. Somit ist Erinnerung mehr als das, was wir wahrnehmen und die Wirkung des Vergangenen größer als wir uns vorstellen können.
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Die Hypnose ist eine Kunst, die sich mit dem Unterbewusstsein befasst, um dort heilen zu können. Ziel ist es, mit dieser Methode Traumata zu verarbeiten, beziehungsweise ihre Ursachen zu ergründen und zu analysieren. So können zum Beispiel Ängste vermindert oder gänzlich geheilt werden, indem die Vergangenheit im Unterbewusstsein aufgearbeitet wird.
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Das Unterbewusstsein ist ein sehr persönlicher Bereich. Der äußere Zugriff darauf kann auch negatives bewirken und den Menschen manipulieren. Die Werbebranche nutzt diese Empfindlichkeit aus, schleicht sich in unser Unterbewusstsein ein und beeinflusst unsere persönlichen Entscheidungen, beispielsweise bei der Wahl der Zigarettenmarke. Wenn ich jedes Mal  die L&M- Zigarettenwerbung sehe, die an der Bushaltestelle vor dem Haus eines guten Freundes hängt, mit den Abbildungen schöner Urlaubsorte, ohne dies bewusst wahrzunehmen, so wird im Laden vor der Kasse der Anblick dieser umworbenen Zigarettenpackung in mir ein bekanntes, positives Gefühl auslösen und mich möglicherweise dazu verleiten, genau nach dieser Marke zu greifen.
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Sind bei einem Gedächtnisverlust, etwa wenn ein Mensch aus einem tiefen Koma erwacht, die verlorenen Erinnerungen  unwiderruflich? Kann in solchen Fällen auch das Unterbewusstsein nicht mehr ins Gedächtnis gerufen werden? Und wie Umfangreich ist die Veränderung der Entwicklung im weiteren Verlauf eines solchen Menschen?
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Oder das gegensätzliche Phänomen: Kennen Sie Déjà-vus aus ihrem Alltag?
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Wenn Ihnen eine Situation so vertraut vorkommt, dass man meinen könnte sie schon einmal erlebt zu haben? Dies ist eine Unterbewusste Erinnerung, ob an ein vergangenes Leben, ein verbindendes Gefühl, eine Erinnerung an die Vergangenheit oder an Visionen, ist ungewiss.
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Rückblickend stellt sich nun die Frage:
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Gibt es ein Erinnern für die Zukunft,
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oder kann nur das Vergessen den Freiraum schaffen in dem sich Zukunft ereignen kann?
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Sind Zukunftsgedanken  überhaupt möglich, ohne ein Erinnerungsvermögen? Wenn dies nicht möglich ist, wie würde sich der Mensch dann noch vom Tierreich abheben?
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Es ist das Bewusstsein, das den Menschen von der Tieren unterscheidet, die Selbstreflexion. Und zu dieser Reflexion gehört das Erinnern, nur so ist Entwicklung für die Zukunft möglich.
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Zusammenfassend ist es also unsere Aufgabe, aus vergangenen Erfahrungen die Zukunft zu schöpfen, welche von lebenserfüllenden Visionen geleitet ist.
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Also lasst uns die Gegenwart so gestalten, dass wir uns gerne erinnern und dieser Erinnerung neue Lebenskraft gewinnen können. Denn ist es nicht unsere Vergangenheit, die unsere Persönlichkeit bildet, die das Ich in jedem so individuell macht?
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Erinnerung kann Hoffnung geben, und die Gegenwart erträglich
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KZ Gedanken an Familie und Freiheit, schöne Erlebnisse
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Geburt, Schmerz vergessen
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''R. Miorin-Bellermann''
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Thema 3<br>
 
'''»Der Mensch ist nichts an sich. Er ist nur eine grenzenlose Chance. Aber er ist der grenzenlos Verantwortliche für diese Chance. « - Albert Camus''' <br>
 
'''»Der Mensch ist nichts an sich. Er ist nur eine grenzenlose Chance. Aber er ist der grenzenlos Verantwortliche für diese Chance. « - Albert Camus''' <br>
  
Verantwortung des Selbst
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Verantwortung des Selbst  
 
<br>Die wohl gefährlichste Frage, die einem Menschen vorgebracht werden kann, ist nebst derer, die ihn nach der Absurdität des Lebens befragt, diejenige, welche in Erfahrung bringen will, welche Verantwortlichkeit das bewusste Individuum trifft, für dasjenige was es vollbringt und noch viel mehr für jenes, das gar nicht erst begonnen wird. Camus‘ Aussage zu jenem Thema soll der Initialgedanke für diesen Essay sein und Sisyphos, der mit ihm allzu häufig in Verbindung gebracht wird, einmal beiseitegelassen werden. Er wird es uns verzeihen.<br>
 
<br>Die wohl gefährlichste Frage, die einem Menschen vorgebracht werden kann, ist nebst derer, die ihn nach der Absurdität des Lebens befragt, diejenige, welche in Erfahrung bringen will, welche Verantwortlichkeit das bewusste Individuum trifft, für dasjenige was es vollbringt und noch viel mehr für jenes, das gar nicht erst begonnen wird. Camus‘ Aussage zu jenem Thema soll der Initialgedanke für diesen Essay sein und Sisyphos, der mit ihm allzu häufig in Verbindung gebracht wird, einmal beiseitegelassen werden. Er wird es uns verzeihen.<br>
 
Die eingangs erwähnte Gefährlichkeit diente nicht dem Ringen nach Aufmerksamkeit in den Bergen aus Veröffentlichungen zu dem Thema Verantwortlichkeit des Menschen, sondern betrifft seine Existenz unmittelbar. Denn wem Verantwortung zugeschrieben wird, dem ist ein hohes Maß der Selbstständigkeit zugesprochen und inwiefern diese ein Segen sein kann, bleibt noch im Ungewissen. Die Verantwortlichkeit des Menschen zu ermitteln, oder zumindest einige interessante Gedanken über sie zu präsentieren – was wohl seit jeher die Aufgabe der Philosophie war, die abgesehen von der ontologischen und von Frege und Wittgenstein erweiterten Logik, nie ein beweisbares Resultat von allgemeiner Gültigkeit hervorbrachte – sei als Intention dieses Essays gesetzt. Eingrenzend soll dazu bemerkt werden, dass es aus formalen Gründen nicht möglich ist, auf tiefsinnigere Konnotationen des Zitates von Camus einzugehen, obgleich er wohl zu denjenigen Denkern gehört, bei denen es sich als lohnenswert erweist, sich ihre Werke auf der Zunge zergehen zu lassen. <br>
 
Die eingangs erwähnte Gefährlichkeit diente nicht dem Ringen nach Aufmerksamkeit in den Bergen aus Veröffentlichungen zu dem Thema Verantwortlichkeit des Menschen, sondern betrifft seine Existenz unmittelbar. Denn wem Verantwortung zugeschrieben wird, dem ist ein hohes Maß der Selbstständigkeit zugesprochen und inwiefern diese ein Segen sein kann, bleibt noch im Ungewissen. Die Verantwortlichkeit des Menschen zu ermitteln, oder zumindest einige interessante Gedanken über sie zu präsentieren – was wohl seit jeher die Aufgabe der Philosophie war, die abgesehen von der ontologischen und von Frege und Wittgenstein erweiterten Logik, nie ein beweisbares Resultat von allgemeiner Gültigkeit hervorbrachte – sei als Intention dieses Essays gesetzt. Eingrenzend soll dazu bemerkt werden, dass es aus formalen Gründen nicht möglich ist, auf tiefsinnigere Konnotationen des Zitates von Camus einzugehen, obgleich er wohl zu denjenigen Denkern gehört, bei denen es sich als lohnenswert erweist, sich ihre Werke auf der Zunge zergehen zu lassen. <br>
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Am Ende bleibt bedingt die eigene Tat, welche sich so zu gestalten hätte, dass sie nach denjenigen Maximen verfährt, die im Kollektiv ausgerichtet zu einer verantwortlich gestalteten Gegenwart und Zukunft führen würden. Diese Erkenntnis ist der Schutz vor der Ideologie und Utopie und kann eine Basis für die Diskussion der Zukunft darstellen. Denn auch wenn die Verantwortlichkeit des eigenen Selbst auf dessen Taten begrenzt ist, bleibt die Verantwortung für die Welt, dessen Teil es ist, erhalten und somit auch die Möglichkeit im Sinne anderer Individuen und den unbewussten Teilen der Natur zu handeln. Doch halte ich es für unabdingbar, sich jene erläuterte Beschränkung im Bewusstsein zu halten, um nicht der illusionären Zukunftsvision zu verfallen und um das Appellieren an moralische Empfindungen anderer zu begrenzen, welches ins Leere läuft, wenn sich jene nicht ihrer Verantwortlichkeit bewusst sind. Denn diese tritt erst dann wirklich ein, wenn sie durch das selbst akzeptiert wurde und keine Zuschreibung an andere darstellt. <br>
 
Am Ende bleibt bedingt die eigene Tat, welche sich so zu gestalten hätte, dass sie nach denjenigen Maximen verfährt, die im Kollektiv ausgerichtet zu einer verantwortlich gestalteten Gegenwart und Zukunft führen würden. Diese Erkenntnis ist der Schutz vor der Ideologie und Utopie und kann eine Basis für die Diskussion der Zukunft darstellen. Denn auch wenn die Verantwortlichkeit des eigenen Selbst auf dessen Taten begrenzt ist, bleibt die Verantwortung für die Welt, dessen Teil es ist, erhalten und somit auch die Möglichkeit im Sinne anderer Individuen und den unbewussten Teilen der Natur zu handeln. Doch halte ich es für unabdingbar, sich jene erläuterte Beschränkung im Bewusstsein zu halten, um nicht der illusionären Zukunftsvision zu verfallen und um das Appellieren an moralische Empfindungen anderer zu begrenzen, welches ins Leere läuft, wenn sich jene nicht ihrer Verantwortlichkeit bewusst sind. Denn diese tritt erst dann wirklich ein, wenn sie durch das selbst akzeptiert wurde und keine Zuschreibung an andere darstellt. <br>
  
Rico André Schmitt
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''Rico André Schmitt''

Version vom 9. Juni 2017, 11:31 Uhr

Essays zum Thema »Zukunft« (Auswahl)

Thema 1
Gibt es ein Erinnern für die Zukunft oder kann nur das Vergessen den Freiraum schaffen, in dem Zukunft sich ereignen kann?

Nehmen wir an, wir würden vergessen, was sich kulturell vor unserem eigenen Leben ereignet hat und mit einem freien Blick der Zukunft unvoreingenommen und naiv entgegen treten. Frei und unbeschwert wie ein Kind, ganz in der Gegenwart lebend! Wie sähe unsere Gesellschaft heute aus, wenn wir die bisherigen Kenntnisse über die Weltgeschichte, jegliche Traditionen, Religionen und Kulturen nicht mehr erinnern und aufrecht erhalten könnten, ohne den Glauben, der vielen Menschen Hoffnung und Lebenskraft schenkt? Wären wir zu demselben Menschen geworden der wir heute sind? Was wären die Werte, die unserem Leben Sinnhaftigkeit und Tiefe gäben? Die Verbundenheit mit der Vergangenheit prägt unser Leben und jede Persönlichkeit gravierend. In der Gegenwart lebend, erinnern wir in jedem Augenblick unsere Vergangenheit, aus welcher wir die Zukunft schöpfen und mitgestalten.

Gibt es also ein Erinnern für die Zukunft? Eine Überlegung, die erst einmal widersprüchlich klingt: Das Erinnern ist ein Vorgang, in dem vergangene Ereignisse, Eindrücke und Erlebnisse in Gedanken bewegt werden und so in der Gegenwart lebendig erhalten bleiben. Die Zukunft ist definiert als ungewisses Bevorstehendes. Kann trotzdem eine Verbindung zwischen diesen beiden Polaritäten bestehen? Wie können wir diese in Worte fassen? In der Grammatik wird hierfür das Futur 2 verwendet (Beispiel: ich werde getan haben) um eine abgeschlossene Zukunft zu beschreiben... oder viel eher eine zukünftige Vergangenheit?

Kann Erinnerung auch die Zukunft blockieren? Gedanken an vergangenes können sehr Platz einnehmend sein und den Visionen der Zukunft wenig Freiraum lassen. Beispielsweise, wenn man mit einem Ereignis wie dem Tod eines Freundes oder der Trennung eines Partners nicht abschließen kann und gedankenversunken an Erinnerungen hängt, anstatt tatkräftig die Gegenwart zu ergreifen. Ist man so sehr auf Vergangenes fixiert, so kann dies Schwierigkeiten bereiten, den Blick nach vorne zu wenden, um sich weiterentwickeln zu können. Um Freiraum für die Zukunft zu schaffen, muss man sich distanzieren und die Situationen loslassen. In der Biologie sehen wir, dass Entwicklung nicht ohne den Tod stattfinden kann. Ein Beispiel hierfür ist die die Entwicklung vom omnipotenten und somit unsterblichen Einzeller zur Volvox. Durch eine Differenzierung wurde der Einzeller sterblich, jedoch auch höher entwickelt und leistungsfähiger. Hier zeigt sich, dass zur Entwicklung auch das Zurücklassen gehört und die damit verbundenen Verluste.

Erinnerungen, die ein festes Bild hinterlassen können sich auch negativ auswirken und den Freiraum einschränken. Dieses geschieht, wenn Vorurteile eine unvoreingenommene Begegnung verhindern und der Betroffene nicht die Möglichkeit hat, seine Persönlichkeit so zu zeigen, wie er es möchte. Er ist in seiner Freiheit eingeschränkt, Veränderung zu zeigen, weil er damit den Erwartungen des Gegenübers nicht gerecht wird. Beispielsweise kann es vorkommen, dass ein Deutscher im Ausland moralisch verurteilt und mit kritischen Blicken beobachtet wird, da seine Herkunft schnell mit dem Nationalsozialismus in Verbindung gebracht wird. Diese Assoziationen können auch sehr Unterbewusst geschehen, ohne jegliche Absicht der Diskriminierung. Der Deutsche jedoch ärgert sich möglicherweise darüber, dass er für die Taten seiner Vorfahren verantwortlich gemacht wird. Und trotzdem trägt er ein Stück der Kollektiv-Scham in sich, das Wissen von der Brutalität und Ungerechtigkeit im sogenannten Dritten Reich. Auch dieser Zeitabschnitt gehört zur Geschichte seiner Nationalität und darf unter keinen Umständen vergessen werden: Aus Respekt und Mitgefühl gegenüber jenen, welche ihr Leben verloren haben und jenen, welche viele Jahre unter grausamen Bedingungen zu überleben versuchten. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass durch das Erinnern mögliche Wiederholungen vermieden werden können. So lernen wir schon im Kleinkindalter, dass man aus seinen Fehlern lernen kann. Der erste Schritt hierzu ist die Selbstreflexion. Durch diese Fähigkeit ist es dem Menschen möglich, bewusste Entscheidungen für die Zukunft zu treffen, basierend auf Lebenserfahrung, Erinnerungen an Vergangenes.


Damit haben wir nun die Notwendigkeit und Funktionen des Erinnerns ergründet. Folglich stellt sich die Frage, welche Auswirkungen das Vergessen für unsere Zukunft hat.

Was wäre der Alltag ohne das Vergessen? Wenn jeder Eindruck und jede Information im Gedächtnis gespeichert würde? Durch das Vergessen der unwesentlichen Dinge können wir Essentielles herausheben und bewahren. Das Vergessen ist nicht aktiv zu regulieren. Je mehr man versucht, etwas unbedingt zu vergessen, desto fester wird es im Unterbewusstsein gespeichert.

Vergessen kann eine Reaktion des Selbstschutzes sein, schlechte Erfahrungen können nach einiger Zeit in Vergessenheit geraten und die Aufmerksamkeit wieder nach vorne, in die Zukunft gerichtet werden. Unterbewusst ist die Erfahrung jedoch noch präsent und kann weiterhin Auswirkungen auf die Zukunft haben.

In der Waldorfpädagogik wird das Vergessen als Methode genutzt: Es wird in Epochen unterrichtet; nachdem ein Thema intensiv behandelt wurde, lässt man es einige Zeit ruhen. Somit verschwindet das angeeignete Wissen möglicherweise aus dem vordergründigen Gedächtnis, wird aber im Unterbewusstsein gespeichert und erreicht damit mehr Tiefe. Durch eine kurze Wiederholung können dann viele dieser Informationen wieder ins Bewusstsein gerufen werden. Unbewusstes Vergessen und bewusstes Erinnern verschmelzen miteinander in der Gegenwart.

Prägt unterbewusstes Erinnern also auch unsere Zukunft? Könnte dann auch das Vergessen, das Verlieren aus dem bewussten Gedächtnis, unsere künftigen Entscheidungen prägen? Traumatisierende Erlebnisse beispielsweise, welche sich in der frühkindlichen Zeit eines Menschen ereignen, auf die das bewusste Erinnerungsvermögen keinen Zugriff hat, prägen dennoch die Persönlichkeit in ihrer Entwicklung. Somit ist Erinnerung mehr als das, was wir wahrnehmen und die Wirkung des Vergangenen größer als wir uns vorstellen können. Die Hypnose ist eine Kunst, die sich mit dem Unterbewusstsein befasst, um dort heilen zu können. Ziel ist es, mit dieser Methode Traumata zu verarbeiten, beziehungsweise ihre Ursachen zu ergründen und zu analysieren. So können zum Beispiel Ängste vermindert oder gänzlich geheilt werden, indem die Vergangenheit im Unterbewusstsein aufgearbeitet wird. Das Unterbewusstsein ist ein sehr persönlicher Bereich. Der äußere Zugriff darauf kann auch negatives bewirken und den Menschen manipulieren. Die Werbebranche nutzt diese Empfindlichkeit aus, schleicht sich in unser Unterbewusstsein ein und beeinflusst unsere persönlichen Entscheidungen, beispielsweise bei der Wahl der Zigarettenmarke. Wenn ich jedes Mal die L&M- Zigarettenwerbung sehe, die an der Bushaltestelle vor dem Haus eines guten Freundes hängt, mit den Abbildungen schöner Urlaubsorte, ohne dies bewusst wahrzunehmen, so wird im Laden vor der Kasse der Anblick dieser umworbenen Zigarettenpackung in mir ein bekanntes, positives Gefühl auslösen und mich möglicherweise dazu verleiten, genau nach dieser Marke zu greifen.

Sind bei einem Gedächtnisverlust, etwa wenn ein Mensch aus einem tiefen Koma erwacht, die verlorenen Erinnerungen unwiderruflich? Kann in solchen Fällen auch das Unterbewusstsein nicht mehr ins Gedächtnis gerufen werden? Und wie Umfangreich ist die Veränderung der Entwicklung im weiteren Verlauf eines solchen Menschen? Oder das gegensätzliche Phänomen: Kennen Sie Déjà-vus aus ihrem Alltag? Wenn Ihnen eine Situation so vertraut vorkommt, dass man meinen könnte sie schon einmal erlebt zu haben? Dies ist eine Unterbewusste Erinnerung, ob an ein vergangenes Leben, ein verbindendes Gefühl, eine Erinnerung an die Vergangenheit oder an Visionen, ist ungewiss.

Rückblickend stellt sich nun die Frage:

Gibt es ein Erinnern für die Zukunft, oder kann nur das Vergessen den Freiraum schaffen in dem sich Zukunft ereignen kann? Sind Zukunftsgedanken überhaupt möglich, ohne ein Erinnerungsvermögen? Wenn dies nicht möglich ist, wie würde sich der Mensch dann noch vom Tierreich abheben? Es ist das Bewusstsein, das den Menschen von der Tieren unterscheidet, die Selbstreflexion. Und zu dieser Reflexion gehört das Erinnern, nur so ist Entwicklung für die Zukunft möglich.

Zusammenfassend ist es also unsere Aufgabe, aus vergangenen Erfahrungen die Zukunft zu schöpfen, welche von lebenserfüllenden Visionen geleitet ist. Also lasst uns die Gegenwart so gestalten, dass wir uns gerne erinnern und dieser Erinnerung neue Lebenskraft gewinnen können. Denn ist es nicht unsere Vergangenheit, die unsere Persönlichkeit bildet, die das Ich in jedem so individuell macht?



Erinnerung kann Hoffnung geben, und die Gegenwart erträglich KZ Gedanken an Familie und Freiheit, schöne Erlebnisse

Geburt, Schmerz vergessen

R. Miorin-Bellermann


Thema 3
»Der Mensch ist nichts an sich. Er ist nur eine grenzenlose Chance. Aber er ist der grenzenlos Verantwortliche für diese Chance. « - Albert Camus

Verantwortung des Selbst
Die wohl gefährlichste Frage, die einem Menschen vorgebracht werden kann, ist nebst derer, die ihn nach der Absurdität des Lebens befragt, diejenige, welche in Erfahrung bringen will, welche Verantwortlichkeit das bewusste Individuum trifft, für dasjenige was es vollbringt und noch viel mehr für jenes, das gar nicht erst begonnen wird. Camus‘ Aussage zu jenem Thema soll der Initialgedanke für diesen Essay sein und Sisyphos, der mit ihm allzu häufig in Verbindung gebracht wird, einmal beiseitegelassen werden. Er wird es uns verzeihen.
Die eingangs erwähnte Gefährlichkeit diente nicht dem Ringen nach Aufmerksamkeit in den Bergen aus Veröffentlichungen zu dem Thema Verantwortlichkeit des Menschen, sondern betrifft seine Existenz unmittelbar. Denn wem Verantwortung zugeschrieben wird, dem ist ein hohes Maß der Selbstständigkeit zugesprochen und inwiefern diese ein Segen sein kann, bleibt noch im Ungewissen. Die Verantwortlichkeit des Menschen zu ermitteln, oder zumindest einige interessante Gedanken über sie zu präsentieren – was wohl seit jeher die Aufgabe der Philosophie war, die abgesehen von der ontologischen und von Frege und Wittgenstein erweiterten Logik, nie ein beweisbares Resultat von allgemeiner Gültigkeit hervorbrachte – sei als Intention dieses Essays gesetzt. Eingrenzend soll dazu bemerkt werden, dass es aus formalen Gründen nicht möglich ist, auf tiefsinnigere Konnotationen des Zitates von Camus einzugehen, obgleich er wohl zu denjenigen Denkern gehört, bei denen es sich als lohnenswert erweist, sich ihre Werke auf der Zunge zergehen zu lassen.
Nun mitten hinein in die drei Sätze. Der Existenzialist aus Frankreich möchte seinen Lesern vorbringen, dass sie nichts an sich seien. Ist das ein impliziter Vorwurf? Nein, stattdessen das Absprechen aller dem Menschen zugehörig geglaubten Aspekte, welche sich nicht in seinem durch die Tat zum Ausdruck gebrachten Potenzial verwirklichen. Grenzenlos sei diese Chance und ebenso wie sie auch die Verantwortung für das durch die Tat Geschaffene.
Camus scheint mir ein wenig optimistisch zu sein mit seiner Chance, denn die Grenzenlosigkeit könnte sich nicht auf dasjenige beziehen, was selbst endlich ist. Das Selbst ist endlich. Dafür sind keine weiteren Beweise darzubringen als diejenigen, welche erkannt werden, wenn ein offenes Auge durch die Welt blickt. Obgleich ich dazu geneigt bin, ihm bezüglich der Verantwortlichkeit zu affirmieren. Doch bliebe zu erfragen, inwiefern dem, das nichts an sich ist, Verantwortung zukommen könnte. Denn wäre ihm diese von Anfang an zugeschrieben, so wäre der Mensch auch nicht nichts an sich. Camus kann also diesbezüglich nur so interpretiert werden, dass sobald eine Tat vollbracht wird, die Verantwortung für sie einkehrt. Auf diese Weise wäre es ein Leichtes, der Verantwortung durch die Untätigkeit zu entrinnen. Doch da der Mensch als solches ein Potenzial ist, trüge er auch Verantwortung für seine Passivität. Woraus ein möglicher Widerspruch bei Camus (innerhalb dieses Ausschnitts) folgte, da die Verantwortung sich mit dem die Welt erblickenden Kind gebären würde. Der Mensch ist nach Camus also nichts als Verantwortung mit grenzenlosem Potenzial, doch über dieses verfügt er als endliches Wesen nicht. Es sieht düster für uns aus.
Damit wären wir bei einem dieser Probleme, die nur diejenigen haben, welche die Möglichkeit haben, sich solchen Gedanken hinzugeben. Die Problematik die darin liegt, ist, dass derjenige, der sich mit solcher Philosophie beschäftigt, nicht aus einem Elfenbeinturm blickt, sondern selbst in der Welt involviert ist und nun scheinbar auch noch Verantwortung dafür tragen muss. Wie können moderne und postmoderne sozioökonomische und politische Entwicklungen auf ein Fundament der Verantwortung gestellt und welche Maßstäbe können für sie angesetzt werden? Der Denker mag seiner Gedanken Rechenschaft über seine Taten schuldig sein, nicht aber der Täter, welcher sich in einem deutlich extremeren qualitativen Ausmaß in der Wirklichkeit manifestiert, als der Philosoph.
Dies ist eine Problematik bezüglich der Umsetzung von Verantwortlichkeit. Es könnten nun lange Debatten über moralische Zukunftsentwicklungen folgen, über das Unrecht auf der Welt und über mögliche Abgründe und Krisen auf die wir uns durch unser Handeln zubewegen. Doch bedürfte es keiner Lehrstühle für Ethik um festzustellen, dass es Probleme auf einer Welt mit etwa 795 Millionen hungernden und parallel dazu mit 64 Menschen, die so viel besitzen, wie die Hälfte der Menschheit gibt. Es ließen sich zahlreiche weitere Probleme der Zukunftsentwicklung anschließen, doch ist die eigentliche Problematik nicht das denkerisch zu lösende Problem, sondern die Handlung derjenigen, die Einfluss nehmen könnten. Und das sind nicht die Philosophen.
Es gilt also sich davon zu verabschieden, die Welt im großen Ausmaß verändern zu können. Wer das glaubt, geht mit Platzverweisen der Polizei von Demonstrationen, die fordern, dass in leerstehende Gebäude Menschen einziehen sollten, die sonst erfrieren würden. „Der Mensch“ ist von Camus viel zu abstrakt formuliert. Viel direkter könnte die Gültigkeit seiner Aussage dadurch zum Ausdruck gebracht werden, dass „der Mensch“ zum „Selbst“ avanciert und die „grenzenlose Chance“ zum kurzen Leben mit eingeschränkten Möglichkeiten verkürzt wird. Immerhin beinhaltet dies auch einen Freispruch von zahlreicher Schuld, die man sich sonst auflüde. Doch nun sei die Frage nach der Verantwortlichkeit des eigenen Selbst für die Taten, welche begangen werden, gestellt. Nur wenn dieses frei wäre, könnte es auch grenzenlos frei sein. Dass dessen Möglichkeiten und Handlungsoptionen eingeschränkt sind, wird im täglichen Scheitern an dem Versuch den gesellschaftlichen Makrokosmos zu gestalten evident. Doch wie kann eine Verantwortlichkeit für das eigene Denken und für die daraus resultierenden Taten formuliert werden? Abgesehen von einigen lichten Momenten des Geistes ist dessen biologisches Fundament nicht selten durch triebhafte Bedürfnisse vielfältigster Art, die der Evolution entspringen, getrübt. Dies wirkt bis tief in die politische Willensbildung ein, wie Drew Westen zeigt, wenn er experimentell beweist, dass nicht der vernunftorientierte Teil des Gehirns (der für verstandesbetonte Entscheidungen notwendig wäre), sondern diejenigen Regionen, die für die Emotionen zuständig sind, welche dafür sorgen, im Sozialgefüge zu überleben, bei der politischen Willensbildung aktiv sind. Inwiefern sind wir also tatsächlich frei und nicht biologisch determinierte Maschinen (?). Postuliert den Fall, es gäbe die Möglichkeit tatsächlich auch gedankliche Freiheit zu erlangen (dies zum Ermitteln ist des Psychologen und Biologen Aufgabe, nicht die des Philosophen, welcher sich in spekulativer Metaphysik verlöre) und zu daraus resultierenden Handlungen, die der Verantwortung unterzogen werden könnten. Säße dieser Mensch in seiner Denkerklause oder hätte er entscheidenden Einfluss auf die Welt?
Sicherlich hätte er in der kapitalistischen Demokratie die Freiheit, das Vorgehen der Politik zu kritisieren. Doch gewiss nicht die Möglichkeit sie entscheidend zu beeinflussen. Dem steht die unreflektierte Masse gegenüber, die Parteien wählt, die nur dank gesponserter Wahlkämpfe die Legislative und Exekutive bekleiden und dementsprechende Interessenvertretungen vornehmen. Des Menschen Verantwortung kann sich also nur auf das Selbst in dem Maße beziehen, in dem es Handlungsfreiheit hat und in der Reichweite, die dessen Endlichkeit zulässt.
Am Ende bleibt bedingt die eigene Tat, welche sich so zu gestalten hätte, dass sie nach denjenigen Maximen verfährt, die im Kollektiv ausgerichtet zu einer verantwortlich gestalteten Gegenwart und Zukunft führen würden. Diese Erkenntnis ist der Schutz vor der Ideologie und Utopie und kann eine Basis für die Diskussion der Zukunft darstellen. Denn auch wenn die Verantwortlichkeit des eigenen Selbst auf dessen Taten begrenzt ist, bleibt die Verantwortung für die Welt, dessen Teil es ist, erhalten und somit auch die Möglichkeit im Sinne anderer Individuen und den unbewussten Teilen der Natur zu handeln. Doch halte ich es für unabdingbar, sich jene erläuterte Beschränkung im Bewusstsein zu halten, um nicht der illusionären Zukunftsvision zu verfallen und um das Appellieren an moralische Empfindungen anderer zu begrenzen, welches ins Leere läuft, wenn sich jene nicht ihrer Verantwortlichkeit bewusst sind. Denn diese tritt erst dann wirklich ein, wenn sie durch das selbst akzeptiert wurde und keine Zuschreibung an andere darstellt.

Rico André Schmitt