Coolness ist Mainstream

Aus Jugendsymposion
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von Samuel Brachmann, 3. März 2010


Was genau ist cool? Dieser Frage ging Pfarrer Hartmut Hühnerbein bei den Ulmer Denkanstößen nach. Aber weiß er wirklich, was cool ist? Der Versuch einer Betrachtung aus Sicht eines Jugendlichen.

Sonnenbrille aufsetzen, auch wenn die Gardinen geschlossen sind. Cool sein. Wer will das nicht? Doch was ist cool? Wer bestimmt was cool ist und was nicht? Die Gesellschaft, ganz klar. Allen voran natürlich die Vorbilder. Springt einer der Trendsetter mit einer neuen Sonnenbrille durch die Gegend, dann wollen sie auf einmal alle haben. Dann gibt es natürlich auch noch die Werbung. Die großen Konzerne wissen genau, wie sie ihre Models ausstatten müssen, dass bei den Jugendlichen, die eine Zeitschrift aufschlagen, und die perfekt eingekleideten Mädels und Jungs dort sehen, sofort der „Haben müssen“-Drang ausbricht.

Coolness ist, meiner Meinung und meinem Verständnis nach, der Drang, anderen Leuten zu gefallen. Der Drang nach Anerkennung. Wer nicht zwanghaft dem Trend hinterher hetzt, der kann sehr schnell zum Außenseiter werden. Wer immer noch lange Haare hat, wenn dies schon längst wieder „out“ ist, der kann davon ausgehen, dass er auf der Straße schräg angeschaut wird. Denn Coolness ist Mainstream. Ich merke es jeden Tag. Jeder der „anders“ ist, wird schräg angeschaut. Ich will mich jetzt nicht so anhören, als wäre ich da anders, denn ich bin es nicht. Und ich glaube, niemand ist es. Jeder versucht, beachtet zu werden, jeder will besonders sein, jeder will begehrt sein. Das ist ganz einfach eine menschliche Schwäche.

Wer dann, gerade um dem Mainstream zu entkommen, versucht anders zu sein, der kann unabsichtlich eine weitere Welle des Mainstream lostreten – ein Problem sämtlicher Undergroundbewegungen.

Doch was genau ist cool? „Cool sind Autoritätspersonen“, sagte der Pfarrer Hartmut Hühnerbein in seinem Vortrag bei den Ulmer Denkanstößen, bei dem er den Begriff Coolness wissenschaftlich auseinander genommen hat. „Menschen ohne Anerkennung sind nicht cool. Sie wollen aber auch gelten.“

Doch eigentlich ist für jeden etwas anderes cool. Die Frage, „was ist cool?“, ist genauso wenig zu beantworten, wie die Frage nach dem Sinn des Lebens. Für manche jene Klamotten, für andere diese Klamotten. Die einen halten Rock für das Coolste, die anderen sterben für HipHop. Das Bild der Coolness verändert sich mit jeder Generation, genauso wie der Musikgeschmack. Hippies? Wie uncool! Und wer würde heute noch herumlaufen wie die 80er Glamrock Bands? Als mein Vater noch jung war, da war ein Schnauzbart der letzte Schrei. Heute sind es die getönten Pilotenbrillen.

Apropos getönt. Vielleicht hat Herr Hühnerbein doch recht, wenn er sagt, dass Coolness eine Maske oder eine Barriere ist. Wer sich öffnet, der wird verletzlich, und wer will denn schon verletzlich sein? Die getönte Brille, zum Beispiel, hilft einem, sich von der Außenwelt abzuschotten. Sie ist ein Mittel, um zu vermeiden, dass jemand einem in die Augen schaut.

Hühnerbein bemängelt auch, dass es der Jugend schwer fällt, in der Welt eine Orientierung zu finden. Jugendliche wollen, laut Hühnerbein, cool sein, weil es ihnen etwas gibt, woran sie sich orientieren können. Er findet auch, dass der Höhepunkt der Coolness schon längst überschritten ist. Coolness, vom wissenschaftlichen Standpunkt aus gesehen, versteht sich. Dass man Coolness auch vom wissenschaftlichen Standpunkt aus sehen kann, habe ich allerdings noch gar nicht gewusst. Wie sich das allein schon anhört!

Denn ganz nüchtern betrachtet ist das Wort „cool“ einfach eine Art Ersatz für Wörter wie „toll“ oder „super“. Wenn ich zum Beispiel sage „Der Film war richtig cool“ geht mir nicht zwangsläufig all das durch den Kopf, was ich hier so geschrieben habe. Cool ist eigentlich nur ein Wort, dass überschätzt wird.

Coolness ist Mainstream. Artikel in der SdwestPresse pdf

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