21. Kasseler Jugendsymposion »Vernunft«

Aus Jugendsymposion
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15. bis 19. Dezember 2019

Detail der 2017 fertiggestellten Orgel der Martinskirche in Kassel. Der künstlerische Entwurf von Yngve Holen trans­formiert den Klang der Pfeifen in sichtbare Bewegung, die minimalistisch gestalteten Orgelpfeifen greifen die Architektur des Kirchenbaus auf. Foto: © Musikbüro St. Martin

„Der Kampf der Vernunft besteht darin, dasjenige, was der Verstand fixiert hat, zu überwinden.“ – so bringt Georg Wilhelm Friedrich Hegel die Differenzierung der geistigen Vermögen des Menschen auf den Punkt und greift dabei ein schon Jahrtausende lang in der philosophischen Diskussion stehendes Begriffspaar auf: den Verstand (ratio) als Denken in diskursiven und folgerichtigen Einzelschritten und die Vernunft (intellectus) als höhere, Zusammenhang stiftende Erkenntnisstufe.

Das „Zeitalter der Vernunft“, das 18. Jahrhundert, unterscheidet von dem für diese Epoche paradigmatischen Begriff der Vernunft für ein umfassendes, synthetisches, holistisches geistiges Vermögen des Menschen den Verstand als dessen Befähigung zu zergliederndem, klärendem, analytischem Denken. Dabei wird dem Verstand nicht selten destruktives Potential in Bezug auf die ursprüngliche, prärationale Einheit des Seins unterstellt, wohingegen der Vernunft die vornehme Aufgabe zukommen soll, die durch die Verstandestätigkeit definierte und desintegrierte Welt als Ganzheit höherer Ordnung wieder herzustellen.

Vor diesem geistesgeschichtlichen Hintergrund ist der heute übliche alltagssprachliche Gebrauch des Wortes Vernunft als Schwundstufe des aufklärerischen und idealistischen Begriffsverständnisses zu verstehen: Ein verantwortungsbewusstes, rational kohärentes, umsichtiges Vorgehen ist meist diffus gemeint, wenn man ihm attestiert, es sei „vernünftig“. Dabei klingt auch nicht selten die Konnotation der Langweiligkeit mit, des allzu sehr auf Sicherheit und Planbarkeit Bedacht-Seins. Unvernunft impliziert dann im Gegensatz dazu Abenteuerlust und Risikofreude. Oder aber es wird Vernunft – oftmals im Rahmen eines reduktionistisch-utilitaristischen Weltverständnisses - als Rationalität aufgefasst, der dann die Kreativität und die Entgrenzung durch das Irrationale bzw. ins Spirituelle gegenüber gestellt wird.

Die diversen drängenden ökologischen Herausforderungen der Gegenwart, aber auch ein Anwachsen regressiver, antirationaler Strömungen in vielen Gesellschaften weltweit – man denke nur an den Hype neonationalistischer Strömungen oder auch das Grassieren von Verschwörungstheorien und irrationalen Welterklärungsmodellen – machen jedoch deutlich, dass ein modernes Bewusstsein nicht ohne eine steuernde, zwischen innen und außen, zwischen Aktion und Reflexion, zwischen Sinnlichkeit und Geist vermittelnde Bewusstseinsinstanz der Vernunft auskommen kann.


Ort · Zeit


Das 21. Kasseler Jugendsymposion beginnt am Donnerstag, den 15. Dezember, um 17.15 Uhr, und endet am Sonntag, den 19. Dezember 2019, mit dem Abschlussplenum um 16.15 Uhr. Veranstaltungsorte sind das Haus der Kirche (Wilhelmshöher Allee 330), die Räume des Lehrerseminars für Waldorfpädagogik Kassel (Brabanter Straße) und der FWS Kassel (Hunrodstraße 17). Außerdem werden wir für ein Orgelkonzert die Martinskirche besuchen. Die Ver­anstaltungsorte sind bequem zu Fuß oder mit der Straßenbahn zu erreichen. Die verschiedenen Veranstaltungsorte sind bequem zu Fuß oder mit der Straßenbahn zu erreichen.

Veranstaltungsorte des 21. Kasseler Jugendsymposions (Link folgt in Kürze)


Plenarvorträge


Rita Schumacher
(Lehrerseminar Kassel, Dozentin für Deutsch und Geschichte)
Vortrag: Verstand und Vernunft

Dr. Nathalie Weidenfeld
(Literaturwissenschaftlerin und Autorin, ihr aktuelles Buch [zus. mit Julian Nida-Rümelin] handelt vom digitalen Humanismus)
Vortrag: Good Robot – Bad Robot – von (pop-)kulturellen Ängsten, Obsessionen und Utopien des digitalen Zeitalters

Diana Kinnert
(Unternehmerin und Autorin: »Für die Zukunft seh’ ich schwarz«)
Vortrag: Die Vernunft des Parteiensystems

Prof. Dr. Silke Ruth Laskowski (angefragt)
(Professorin an der Universität Kassel, Fachgebiete Öffentl. Recht, Völkerrecht und Europarecht mit Schwerpunkt Umweltrecht)
Vortrag: Paritätisches Wahlrecht ist das vernünftige Wahlrecht

PD Dr. Karl Hepfer
(Professor der Philosophie an der Universität Erfurt, Schwerpunkte: Prakt. Philosophie, Erkenntnistheorie u. Geschichte der Philosophie)
Vortrag: Verschwörungstheorien

Dr. Eva Schulz-Jander
(Präsidentin a. D. des deutschen Koordinierungsrates der christlich-jüdischen Gesellschaft)
Vortrag: Weibliche Vernunft im Aufbruch: eine Nachkriegs- biografie


Konzert in der Martinskirche


Am Freitagabend werden wir zu Gast in der Martinskirche sein und Gelegenheit haben, eine der aufwendigsten und größten Kirchenorgeln der Gegenwart zu erleben. Kantor Eckhard Manz wird ein Konzert mit Stücken von Bach und Messiaen geben und in die jeweiligen Werke einführen.


Geplante Seminare und Trainings


Etikette-Training
Umweltbilanz von Kleiderstoffen
Medizinethik: Organspende
Designideen – Upcycling
Musik von Bach verstehen
Leiblichkeit in der Philosophie
Fechttraining
Singen – Musical
Perspektivität: Vernunft in der Renaissance
Gehirn und Vernunft
Eurythmie und wie setze ich meine Vorhaben um
Hört beim Geld die Vernunft auf?
Spieltheorie
Journalistisches Schreiben
Neurolinguistische Programmierung
Verschwörungstheorien
Die französischen Existenzialisten
Außenpolitische Analyseansätze
Vernünftiges individuelles Handeln
Quantentheorie und Vernunft
Mathematische Grenzprozesse
Erlebnispädagogik
Trommeln


Bewerbung und Anmeldung


Hier erhalten Sie alle Informationen zum Bewerbungsverfahren.

Bitte lesen Sie sich das Bewerbungsverfahren durch. Die Online-Anmeldung erfolgt über folgende Webseite: www.lehrerseminar-forschung.de | Anmeldung

Anmeldeschluss für das 21. Kasseler Jugendsymposion »Vernunft« ist der 8. November 2019.

Essaythemen


Thema 1:

»Man spricht viel von Aufklärung, und wünscht mehr Licht. Mein Gott, was hilft aber alles Licht, wenn die Leute entweder keine Augen haben, oder die, die sie haben, vorsätzlich verschließen.« – Georg Christoph Lichtenbergs Diagnose des 18. Jahrhunderts, dass Vernunft und triftige Argumentation nicht per se überzeugen, erhält angesichts des aktuellen Hypes irrational-ideologischer Welterklärungsmodelle neue Aktualität. Kann Vernunft überzeugen, ohne sich selbst populistischer Mittel zu bedienen?


Thema 2:

»Mensch: ein vernunftbegabtes Wesen, das immer dann die Ruhe verliert, wenn von ihm verlangt wird, dass es nach Vernunftgesetzen handeln soll.« (Oscar Wilde) – Zu welchen inneren Dialogen und Weltbezügen fordern uns vernünftige Einsichten heraus?


Thema 3:

»Vernünftiges Handeln bedeute, dass der Mensch sich durch Gedanken und Begriffe leiten läßt, und daher stets überlegt und besonnen zu Werke geht. (...) Keineswegs aber implicirt diese Rechtschaffenheit und Menschenliebe. Vielmehr kann man höchst vernünftig, also überlegt, besonnen, konsequent, planvoll und methodisch zu Werke gehen, dabei aber doch die eigennützigsten, ungerechtesten, sogar ruchlosesten Maximen befolgen.« (Arthur Schopenhauer) – Ist vernünftiges Handeln ohne Menschenliebe und Moral möglich? Gehen Sie bei ihren Ausführungen immer von eigenen Erlebnissen und der Selbstbeobachtung aus.


Das vollständig ausgefüllte Deckblatt zum Essay mit Schulstempel und Unterschrift von Ihrem Kontaktlehrer und ggf. von einem Erziehungsberechtigten! (Unterschriften und Stempel entfallen für Schulabsolventen). Download Deckblatt

Das ausgefüllte Deckblatt zum Essay und Ihren Essay selber senden Sie bitte gemeinsam an folgende Adresse:

KASSELER JUGENDSYMPOSION
Brabanter Straße 30
34131 Kassel

Die Frist für die Einsendung der Essays endet am 15. November 2019.


Veranstaltungsüberlick