14. Kasseler Jugendsymposion »Grenze«: Unterschied zwischen den Versionen

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=== Bewerbung zur Teilnahme am 14. Kasseler Jugendsymposion »Grenzen« ===
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=== Bewerbung zur Teilnahme am 14. Kasseler Jugendsymposion »Grenze« ===
  
 
'''Bewerbungs- und Anmeldeverfahren'''
 
'''Bewerbungs- und Anmeldeverfahren'''

Version vom 7. März 2016, 11:38 Uhr

Grenze

Foto: © Steffen Böttcher




Grenze

Eine Grenze ist immer absolut. Sie kennt nur diesseits und jenseits. Übergangsräume existieren nicht. Jede Transitzone ist nur der Wartebereich vor der eigentlichen Grenze. Sie ist ein virtuelles Phänomen, ein Konstrukt, das definiert, parzelliert, beschränkt und trennt – Sie ist ein Konstrukt, aber von allergrößter Wirksamkeit. Grenzen, die längst von den politischen Landkarten verschwunden sind, wirken oft noch jahrhundertelang fort, sei es in Form von kulturellen Prägungen oder von Infrastrukturen – die interdisziplinären Forschungen zu den sogenannten »Phantomgrenzen« zeigen dies.

Eine Grenze ist nie absolut. Sie mag sich unüberwindlich, real und endgültig darstellen. Ihr Geltungsanspruch, vor allem, wenn er autoritativ verkündet wird, wirkt oft gerade als Ansporn zur Grenzüberschreitung, zur Entgrenzung. Wir können einander Grenzen setzen bis hin zum Freiheitsentzug, können einander ausgrenzen durch Demarkationslinien, Mauern, Zäune, Reservate. Wir können kulturelle, religiöse, gesellschaftliche, ethnische und soziale Grenzen errichten und Erkenntnisgrenzen postulieren. Aber wir erkennen immer wieder, dass keine dieser Grenzen von Dauer ist. Grenze und Entgrenzung sind zutiefst mit unserer menschlichen Existenz verbunden: Das Bewusstsein von unserer eigenen Endlichkeit und Begrenztheit gehört genauso zu unserem Menschsein wie das Bedürfnis, unsere natürlichen und mentalen Grenzen in alle Richtungen zu überwinden. Die Wahrung der Persönlichkeitsgrenze ist uns ein Grundbedürfnis, deren Übertretung durch andere empfinden wir als Übergriff und Angriff auf unsere Identität. Gleichzeitig erleben wir unsere Identitätsbildung als lebenslang offenen Prozess und unsere Identität als potentiell unbegrenzt.

Sind Begrenzungen Hindernis oder umgekehrt Voraussetzung für Erweiterung, Entwicklung und Transzendenz?

Das 14. Kasseler Jugendsymposion thematisiert das Phänomen der Grenze einerseits als Metapher für anthropologische Vorgänge wie die Identitätsbildung oder die Differenzierung des Ich-Welt-Verhältnisses und des moralischen Urteils. Andererseits wird »Grenze« im handgreiflich-eigentlichen Sinne als territoriale, politische, soziale, kulturelle oder gesellschaftliche Determinierung verstanden. Dass es sich dabei um ein Thema von erheblicher Brisanz handelt, machen gegenwärtig zuallererst die dramatischen Ereignisse an den Außengrenzen Europas im Zusammenhang mit der Ankunft der großen Zahl von Flüchtlingen deutlich. Immer deutlicher wird hier eine politisch-kulturelle Grenze: Sie trennt diejenigen, die ihre Menschheit kulturübergreifend, kommunikativ und mit einem offenen, ständig neu auszuhandelnden Identitätsverständnis realisieren wollen, von denen, die Eindeutigkeit in den Werten und Normen, ein definiertes Wir und in einer sich abgrenzenden, historisch auf sich selbst berufenden Kultur, also in klaren Zuordnungen und Werten suchen. Diese Grenze verläuft nicht einfach zwischen Machtbereichen, Religionen oder dem Orient und dem Westen, sondern sie trennt überall offene, kommunizierende, sich an Vielfalt freuende Lebensformen von Fundamentalismus, Nationalismus und chauvinistischer Hybris. Ein Thema von hoher Aktualität!

Gleichzeitig lässt unsere mediale Welt die Grenzen zwischen Realität und Fiktion verschwimmen. Durch Propaganda und Desinformation werden Ängste, Ressentiments, Fremdenfeindlichkeit und Hass befördert. Es ist wohl die große ethisch-politische Herausforderung unserer Zeit, angesichts des globalen Terrors, chauvinistischen Nationalismus, religiösem Fanatismus und zunehmender Kriminalität eine Balance zwischen der Befriedigung legitimer Sicherheitsbedürfnisse und der Erhaltung eines Rechtsstaates, der die Eigensphäre des Einzelnen garantiert, zu finden. Jeder ist dazu aufgerufen, in eigener Urteilstätigkeit die Grenzen zwischen Krieg und Frieden, zwischen Recht und Unrecht bzw. zwischen Recht und Moral zu ziehen. Ziel des Symposions ist es, derartige Urteilsvorgänge anzustoßen.



Ort · Zeit

Das 14. Kasseler Jugendsymposion beginnt am Donnerstag, den 26. Mai 2016, um 17.15 Uhr, und endet am Sonntag, den 29. Mai 2016, mit dem Abschlussplenum um 16.15 Uhr. Veranstaltungsorte sind das Haus der Kirche in der Wilhelmshöher Allee in Kassel, die Räume des Lehrerseminars für Waldorfpädagogik Kassel und der Freien Waldorfschule Kassel. Die verschiedenen Veranstaltungsorte sind bequem zu Fuß oder mit der Straßenbahn zu erreichen.

Theaterbesuch: »Terror« von Ferdinand von Schirach

am 28. Mai 2016 im Staatstheater Kassel, Schauspielhaus



Bewerbung zur Teilnahme am 14. Kasseler Jugendsymposion »Grenze«

Bewerbungs- und Anmeldeverfahren

Teilnehmerprofil:

Sie interessieren sich für die Teilnahme an den KASSELER JUGENDSYMPOSIEN und wollen sich bewerben?! Dafür möchten wir an dieser Stelle kurz zusammenfassen, durch welches Profil sich unsere Teilnehmerinnen und Teilnehmer auszeichnen:

  • Gesellschaftliches, politisches, soziales Engagement
  • Interesse an wissenschaftlichen und philosophischen Grundsatzfragen
  • Wache Wahrnehmung aktueller Fragen
  • Bereitschaft, die Arbeitsergebnisse auch in adäquater Weise zu veröffentlichen (Referate, Essays, Beiträge zu wissenschaftlichen oder politischen Diskussionen)
  • Freude an gemeinsamer geistiger Arbeit und am – auch streitbaren – wissenschaftlichen Austausch
  • Den eigenen Anspruch entdecken und danach leben zu wollen
  • In der Regel mindestens 17 Jahre alt, Besuch der Klasse 11 oder höher


Erstbewerber:

Wenn Sie am Jugendsymposion teilnehmen wollen, wenden Sie sich bitte zuerst an eine Kontaktlehrerin bzw. einen Kontaktlehrer oder an die Oberstufenkonferenz an Ihrer Schule, die mit Ihnen Ihre Bewerbung bespricht. Wurde Ihnen eine Empfehlung ausgesprochen, müssen folgende Unterlagen vorgelegt werden:

1. Die Online-Anmeldung über die Webseite [ https://anmeldung.lehrerseminar-forschung.de/de]

2. Ein Motivationsschreiben (Lebenslauf, außerschulische Ausbildungen oder Interessen (z. B. sportliches, soziales, forschendes, politisches Engagement und Begründung Ihrer Bewerbung)

3. Ein von Ihnen verfasstes mehrseitiges Essay zu einem von uns vorgegebenen Thema

4. Das vollständig ausgefüllte Deckblatt zum Essay (der Link folgt in Kürze) mit Schulstempel und Unterschrift von Ihrem Kontaktlehrer und ggf. von einem Erziehungsberechtigten! (Unterschriften und Stempel entfallen für Schulabsolventen).

5. Das ausgefüllte Deckblatt zum Essay, das Motivationsschreiben und Ihren Essay selber senden Sie bitte gemeinsam bis spätestens zum 18. April 2016 PER POST an folgende Adresse:

KASSELER JUGENDSYMPOSION
Brabanter Straße 30
34131 Kassel


Wiederbewerber:

Für die Schülerinnen und Schüler und Schulabsolventen, die bereits an einem Symposion teilgenommen haben entfällt Punkt 2.



Essaythemen

1. Ein Zaun zerstört den Traum von Europa (Schlagzeile eines Artikels von Giorgos Christides in Spiegel-Online vom 23.02.2016 über die Schließung der griechisch-mazedonischen Grenze) – Wie kann die Vision eines grenzenlosen Europa den Herausforderungen der Gegenwart standhalten? (Beziehen Sie in Ihre Betrachtungen die aktuellen Entwicklungen in Europa und Ihr Selbstverständnis als Europäerin oder Europäer ein)

2. Zufälle gibt es nur in unserem Kopf, in unseren beschränkten Wahrnehmungen. Sie sind die Spiegelung der Grenzen unserer Erkenntnis. (Franz Kafka im Gespräch mit Gustav Janouch) – Überschreiten wir unsere Wahrnehmungs- und Erkenntnisgrenzen, indem wir Zufällen Sinn abgewinnen? (Gehen Sie in Ihren Betrachtungen von konkreten Erfahrungen aus, nicht von abstrakten Überlegungen)

3. Wer als Mensch wissen will, wer er ist, muss wissen, von wem er sich unterscheidet (Konrad Paul Liessmann in seinem Buch „Lob der Grenze“) – Können wir Identität nur durch Abgrenzung erlangen?

4. Die meisten Menschen haben keine Ahnung, was Wachstum als abstraktes Konzept bedeutet. Sie wollen konkrete Dinge: ein größeres Haus, ein besseres Auto, mehr Einkommen. Bislang geht die Öffentlichkeit davon aus, dass anhaltendes Wachstum mehr materielle Güter für jeden Einzelnen bringen wird. Das wird sich aber drastisch ändern. (D. L. Meadows, Professor Emeritus der University of New Hampshire, 2008) – Wodurch könnte diese drastische Veränderung ausgelöst und das neoliberale Paradigma des grenzenlosen Wachstums abgelöst werden? (Gehen Sie in Ihren Betrachtungen von konkreten Anknüpfungspunkten aus).


Hinweise zum Verfassen eines Essays

  • Da in den letztens eingereichten Essays zum größeren Teil die Kriterien zum Verfassen eines essayistischen Textes sehr frei interpretiert bis gar nicht beachtet wurden, haben wir die Anforderungen kurz zusammengefasst, mit der Bitte an die Bewerber, sich daran zu orientieren:
    Die Bearbeitung der Themen soll grundsätzlich auf Selbstbeobachtung bzw. konkreter Erfahrung aufbauen. Interessant an einem Essay sind weniger allgemeine Erwägungen, als eine pointierte, individuelle Sichtweise auf ein Thema.
    Der Essay ist ein subjektiv reflektierender Text, der aus den unterschiedlichsten Bereichen stammen kann. Ein Essay enthält erörternde, oft aber auch beschreibende, schildernde, erzählende, sogar poetische Passagen. Der Essay stellt eine begründete Haltung zu einem Thema dar, ist aber in der Form und Gedankenführung freier, assoziativer und kreativer als die Erörterung. Wissenschaftliche Systematik und Vollständigkeit sind nicht erforderlich, wichtiger sind interessante eigene Denkanstöße, die sich oft an konkreten Erfahrungen entzünden. Die Sprache ist lebhaft und engagiert, kann auch pointiert und zuspitzend oder sogar ironisch-satirisch sein.
  • Schreiben Sie das von Ihnen gewählte Essaythema (Auswahl s.o.) und Ihren Namen auf die erste oder letzte Seite Ihres Textes.
  • BITTE senden Sie Ihre Essays ohne Plastikhüllen, Schnellhefter oder andere Ordnersysteme an uns. Es reicht, wenn die Textblätter an der oberen linken Ecke zusammengeheftet werden. Vielen Dank.