11. Kasseler Jugendsymposion »Freiheit«: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Freiheit'''
 
'''Freiheit'''
  
Die Körperlichkeit lebendiger Organismen steht anders im Dasein als ein lebloser Körper. Ihre Stofflichkeit ist von einem Organisationsprinzip durchzogen, dem die Keimbildung, das Wachstum und – bei höheren Lebewesen – die sexuelle Fortpflanzung eingeschrieben sind. Neben der Masse und dem Rauminhalt des leblosen Körpers tritt hier eine spezifische Zeitgestalt auf, in der sich Leben prozessual ereignet. Beim Menschen zeigen die Lebensvollzüge, wie sich Personen ins Dasein stellen. Sie werden, um mit Robert Spaemann zu sprechen, das Leben von »jemand«. – Im Rahmen des 9. Kasseler Jugendsymposions wird dieser Gedanke aufgegriffen: Wie können wir Leben konkret als ein die Stofflichkeit ergreifendes Organisationsprinzip denken? Was kommt hinzu, wenn es sich um das Leben von Personen handelt? Welche spezifischen Situationen liegen an den Toren des Lebens  bei Geburt und Tod vor?
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Menschliche Freiheit wird unterschiedlich aufgefasst. Manchmal, das tun und lassen zu dürfen, was man gerade will. Sie trägt dann die Zeichen einer spontanen Reaktion, welche sich im Fluten der Tagesereignisse einstellt.
  
Eine andere Frage ist die Signatur des modernen Lebens selbst. Was heißt es, wenn das Leben als ein Spiel modelliert wird, dessen Akteure zuallererst egoistisch vorgehen, um ihren Profit zu maximieren? Glauben wir vielleicht nach einiger Zeit an unser modelliertes Spiel, wenn dem Spiel entsprechende Computerprogramme in kürzester Zeit quantitativ richtige Ergebnisse liefern? Halten so unsere spielerischen Modellgedanken von heute Einzug in die soziale Wirklichkeit von morgen? '''Frank Schirrmachers''' Buchtitel »Ego – Das Spiel des Lebens« ist hier sehr treffend gewählt.
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Freiheit kann aber auch als ein Selbstanspruch verstanden werden. Beispielsweise, mit einem gewissen Können einen Bereich des Lebens zu ergreifen oder eine wissenschaftliche Disziplin sachgerecht zu durchdringen. Aus der spontanen Reaktion wird dann eine diszipliniert bzw. kompetent geführte Handlung, die mit einem Erkenntnisanspruch verbunden ist. So gesehen wäre der Entschluss, Unendlichkeit in der Mathematik denken zu wollen, eine Handlung, mit der sich jemand in die Disziplin (der) Mathematik stellt und dadurch Freiheit realisiert. Was heißt dem gegenüber, um einen Kontrast zu nennen, beispielsweise Freiheit in der Kunst?
  
Das Verhältnis von Mensch und Welt kann nicht nur als ein abgegrenztes Gegenüber, sondern auch als ein lebendiges Miteinander gedacht werden. In künstlerischen Prozessen ist es möglich, dass die Subjekt-Objekt-Grenze durchbrochen und lebendige Gemeinsamkeit in hoher Intensität erfahren wird. Es sind ästhetische Ereignisse, die das Leben bereichern und beschenken. Wie kann die Einheit von Mensch und Welt philosophisch gefasst werden? Welche Bedeutung hat dann das menschliche Denken für die Welt? Hier sollen Gedanken von '''Wolfgang Welsch''' aufgegriffen und vertieft werden, der davon ausgeht, dass sich in unserem Erkennen die Welt erfasst.
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Unabhängig davon, in welche der genannten Richtungen man Freiheit auffasst, zeigt sich: Freiheit ist eine persönliche, bewusste Positionierung von Menschen; ihr Leben wird nicht allein durch naturnotwendige Abläufe bestimmt. Das Verhältnis von Naturnotwendigkeit und Freiheit wirft philosophische Fragen auf, die es zu diskutieren gilt. Inwiefern sind auch Bildungsprozesse eine persönliche Positionierung von Menschen und können so eine Signatur der Freiheit tragen?
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Sobald die Exekutive politischer Systeme die Freiheit von Personen einschränkt, bekommen die hier angeführten Gedanken eine existenzielle Dimension. Der persönliche Drang nach Freiheit kann dann schnell in einen Strudel von Gewalt und Gegengewalt gelangen. Wie war und ist es Menschen möglich, den Selbstanspruch der Freiheit trotzdem mit Mut und Entschlossenheit durchzutragen?
  
  

Version vom 16. September 2014, 12:44 Uhr

Freiheit

Foto: © Michael Kirste




Freiheit

Menschliche Freiheit wird unterschiedlich aufgefasst. Manchmal, das tun und lassen zu dürfen, was man gerade will. Sie trägt dann die Zeichen einer spontanen Reaktion, welche sich im Fluten der Tagesereignisse einstellt.

Freiheit kann aber auch als ein Selbstanspruch verstanden werden. Beispielsweise, mit einem gewissen Können einen Bereich des Lebens zu ergreifen oder eine wissenschaftliche Disziplin sachgerecht zu durchdringen. Aus der spontanen Reaktion wird dann eine diszipliniert bzw. kompetent geführte Handlung, die mit einem Erkenntnisanspruch verbunden ist. So gesehen wäre der Entschluss, Unendlichkeit in der Mathematik denken zu wollen, eine Handlung, mit der sich jemand in die Disziplin (der) Mathematik stellt und dadurch Freiheit realisiert. Was heißt dem gegenüber, um einen Kontrast zu nennen, beispielsweise Freiheit in der Kunst?

Unabhängig davon, in welche der genannten Richtungen man Freiheit auffasst, zeigt sich: Freiheit ist eine persönliche, bewusste Positionierung von Menschen; ihr Leben wird nicht allein durch naturnotwendige Abläufe bestimmt. Das Verhältnis von Naturnotwendigkeit und Freiheit wirft philosophische Fragen auf, die es zu diskutieren gilt. Inwiefern sind auch Bildungsprozesse eine persönliche Positionierung von Menschen und können so eine Signatur der Freiheit tragen?

Sobald die Exekutive politischer Systeme die Freiheit von Personen einschränkt, bekommen die hier angeführten Gedanken eine existenzielle Dimension. Der persönliche Drang nach Freiheit kann dann schnell in einen Strudel von Gewalt und Gegengewalt gelangen. Wie war und ist es Menschen möglich, den Selbstanspruch der Freiheit trotzdem mit Mut und Entschlossenheit durchzutragen?


Ort · Zeit

Das 11. Kasseler Jugendsymposion beginnt am Donnerstag, den 11. Dezember, um 17.15 Uhr, und endet am Sonntag, den 14. Dezember 2014, mit dem Abschlussplenum um 16.15 Uhr. Veranstaltungsorte sind das Haus der Kirche in der Wilhelmshöher Allee in Kassel, die Räume des Lehrerseminars für Waldorfpädagogik Kassel und der Freien Waldorfschule Kassel. Die verschiedenen Veranstaltungsorte sind bequem zu Fuß oder mit der Straßenbahn zu erreichen.

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