Ist Gottesglaube sinnvoll?

Aus Jugendsymposion
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von Fridolin Hanel, 26. April 2010


Zuerst bitte ich meine Leser, sich an dem Begriff „Gott“ nicht zu reiben und ihn nicht im biblisch klassischen Sinn zu verstehen, sondern ihn ganz und gar nach der eigenen Intuition und Vorstellung neu zu formen.


Auf unserer Kunst- und 12.Klassabschlussfahrt nach Rom im März 2010 las ich das Buch des Theologen Hans Küng „Der Anfang aller Dinge -Naturwissenschaft und Religion“, in dem er die Sinnfragen des Lebens beleuchtet, die Frage nach dem Woher, nach dem Anfang aller Dinge eben stellt und gut beantwortet. Da ich bisher der Frage nach Gott immer ausgewichen bin, lass ich dieses Buch und versuche nun hiermit, meine Gedanken dazu auszuformulieren.


Hinter der Tittelfrage steckt weit mehr als die Frage direkt erkennen lässt, denn: entscheidet nicht nur die eigene Meinung, ob Gott und der Glaube an ihn sinnvoll ist? Die Frage setzt auch provokativ voraus, dass Gott tatsächlich „existiert“, obwohl man von Existenz im klassischen, naturwissenschaftlichen Sinn natürlich nicht sprechen kann. Ist es sinnvoll, an Gott zu glauben-was verliere ich, was gewinne ich, wenn ich glaube? Kann man in unserer heutigen rationalen, vertechnisierten Welt überhaupt noch an Gott glauben, ohne sich lächerlich zu machen, wenn schon zeitgenössische Theologen Urknall und Evolution als tatsächlich, als real anerkennen? Fragen, die zu beantworten immer weniger versuchen, da meist oberflächliche, schnell gebildete Meinungen die Oberhand gewinnen und auch Erziehung darüber entscheidet, ob man an Gott glaubt. Und vor Allem ist schnell erkannt: Es kann noch keine endgültige Antwort aufgrund von Wissensmangel gefunden werden; dazu müssten ja alle Naturgesetzte bekannt, alle Phänomene erklärt sein!

Der Tübinger Theologe Hans Küng sucht in dem oben erwähnten Buch für Gott mit vielerlei Argumenten nach einem Platz in der Welt. Letzten Endes sieht er Gott in der Welt und die Welt in Gott. Damit scheint er Gott mit allem gleichzusetzten, also den Dingen nur einen anderen Namen zu geben und damit Gott - in meinen Augen - praktisch ausgeschlossen und für sinnlos erklärt zu haben. Gott als Person, als physikalisch greifbar, wie ihn zum Beispiel Michelangelo in die Kuppel der Sixtinischen Kapelle malte, kann es nicht geben, die Naturwissenschaften haben ihn so in dieser Form ausgeschlossen. Doch was vermag die Naturwissenschaft zu der ersten hundertstel Sekunde nach dem Urknall zu sagen? Was der zu der lezten Sekunde - wird es sie überhaupt jemals geben oder dehnt sich das Universum unendlich lange weiter aus? Es ist rational schwer nachzuvollziehen, dass sich die Naturkonstanten wie zum Beispiel die Ladung der Elektronen e oder das Plancksche Wirkungsquantum h genau so entstanden sind, so definiert sind, dass sich Masse anreichern konnte, dass Sterne und Planeten entstehen konnten, dass Leben entstehen konnte! Denn nur eine kleine Änderung der Größe einer dieser Konstanten hätte ja zur Folge, dass unser Universum in der jetzigen Form nicht existierte und somit Leben nicht möglich geworden wäre. Hier also die Handschrift einer Macht, eines Designers der jenseits unserer physikalischen Vorstellungen ist, der die Welt von Anfang an so eingerichtet hat, dass wir zwangsläufig entstehen mussten? Wenn Gott als Designer unseres Universums tätig war, was zumindest als Hypothese wie die verschiedenen Hypothesen im Rahmen der Stringtheorie anzuerkennen ist, wenn er also bewusst etwas getan hat, wenn er in irgendeiner anderen Dimension oder ganz neben den Dimensionen ist, wie kann er dann damit zufrieden sein, zuzusehen, wie wir uns heute entwickeln, sprich: sich nicht mehr einmischen? Die Frage nach dem Charakter Gottes ist meiner Meinung nach anmaßend, denn so wenig wie wir verstehen, aus welcher Intension heraus er das Universum designet hätte, können wir verstehen, wie er handelt. Vielleicht sieht er bewusst zu, vielleicht hat er sich die Möglichkeit selbst verbaut, vielleicht handelt er in unseren Augen ganz unverständlich. Dennoch scheint diese Hypothese eher wie ein schneller Erklärungsversuch, der versucht, das zu erklären, wozu die Physik und auch die Biologie bisher noch nicht fähig sind. Ist es vielleicht nicht sinnvoller zu sagen, dass Gott nicht existiert und das es besser abzuwarten ist, bis die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse noch mehr Wissenslücken füllen, als Gott als Lückenbüßer zu verdammen und somit meint, für alles „Antwort“ zu haben? Das Universum entstand also vor 13.7mrd. Jahren - vielleicht zufällig, vielleicht gewollt - durch bisher unbekannte Zusammenhänge und Zustände, bildete sich, formte sich, und dehnt sich nach der Auffassung der meisten Wissenschaftler unendlich lange aus und kühlt sich dabei immer weiter ab, zerfällt zu „Sternenstaub“. Zwischendurch hat das Leben auf einem Planeten in der Milchstraße - der Erde, aber wahrscheinlich auch noch woanders - für einige Milliarden Jahre kurz durch chemische Reaktionen bestimmter Elemente aufgeblüht, sogar äußerst komplexe Lebensformen mit Intelligenz zum Vorschein gebracht, das aber dann wieder verging aufgrund von ungeeigneten Energieen. So die fortschrittlichste Erkenntnis der modernen Forschung seit Galilei? Ist es wirklich so trostlos-wo wäre da der Sinn im Leben? Muss jetzt Gott wieder herhalten, der dem ganzen einen Sinn gibt, indem er das Leben nach dem Tod weiter gehen lässt, indem er das Leben unendlich macht? Wenn Ja, macht das Sinn? Hier eignet sich Blaise Pascals (1623-1662) berühmte „Wette“ als Antwort: „Angenommen es sei sicher, dass es Gott gibt oder ihn nicht gibt, und dass es keinen Mittelweg gibt. Für welche Seite werden wir uns entscheiden? … Lassen Sie uns ein Spiel spielen, bei dem es zu einer Entscheidung für ‚Kopf oder Zahl‘ kommt. Mit Vernunft können wir weder das eine noch das andere versichern; mit Vernunft können wir weder das eine noch das andere ausschließen. Verfallen Sie also nicht dem Irrtum, dass hierbei eine richtige Wahl getroffen werden könnte, denn Sie wissen nicht, ob Sie falsch liegen oder schlecht gewählt haben … Sowohl wer sich für ‚Kopf‘ entscheidet, als auch wer sich für ‚Zahl‘ entscheidet, beide liegen falsch: Die Wahrheit kann nicht durch eine Wette entschieden werden, aber es muss gewettet werden. Es gibt keine Freiwilligkeit, Sie müssen sich darauf einlassen. Wenn Sie nicht wetten, dass es Gott gibt, müssen Sie wetten, dass es ihn nicht gibt. Wofür entscheiden Sie sich? Wägen wir den Verlust dafür ab, dass Sie sich dafür entschieden haben, dass es Gott gibt: Wenn Sie gewinnen, gewinnen Sie alles, wenn Sie verlieren, verlieren Sie nichts. Setzen Sie also ohne zu zögern darauf, dass es ihn gibt.“ Wenn man also gegen die Existenz Gottes setzt und er existiert tatsächlich-in welcher Form auch immer- so kommt man in die Hölle und wird dadurch „bestraft“. Gibt es ihn nicht, verliert und gewinnt man nichts. Setzt man auf die Existenz, so kann man entweder gewinnen, oder aber nichts verlieren. (Die Wette ist kein Plädoyer für die Existenz Gottes, sondern für einen Gottesglauben!)

Es scheint also einerseits vernünftig, anzunehmen, dass Gott existiert! Andererseits könnte man genauso wetten, dass einem nach dem Tod eine Schildkröte viele köstliche Torten und Kuchen backt und einem die Füße massiert wenn man auf ihre Existenz wettet oder aber einen in tausend Stücke reißt, wettet man gegen ihre Existenz. Glaubt man also an Gott, kann man nach dem Leben, ab der „ Wiedergeburt im Himmel" alles gewinnen und ein glücklicheres Leben führen, da man immer nach etwas strebt, auf etwas hofft, für etwas sich bemühen kann. Der Glaube an Gott ist also nicht nur der Menschheit erste Antwort auf die Frage nach dem Woher, dem Wohin und dem Warum des Lebens und der Existenz schlechthin, sondern ermöglicht auch ein glückliches, erfülltes Leben, solange man zweifelsfrei sein kann.


Ich persönlich - vielleicht interessiert es ja den ein oder anderen - bin nicht zweifelsfrei, ich glaube nicht an Gott, da es mir nicht lebensnah genug ist, sondern weltfremd und kindlich-verträumt erscheint. Außerdem sind in meinen Augen die Naturwissenschaften derart faszinierend, dass ich auch ohne Gott ein glückliches Leben führen und mich an den Wundern der Natur erfreuen kann und weiß, dass ich viele der "Wunder" am Lebensende verstanden habe, und während diesem Verstehen schüttet mein Körper viel Mal mehr Glückshormone aus als das bei einem knieenden, betenden Priester der Fall ist!


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