Einige Gedanken zur aktuellen Finanzkrise

Aus Jugendsymposion
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Johann Gartlinger, 1. März 2010


Einleitung

Die vorliegende Arbeit soll einige Gedanken zur aktuellen Diskussion über die Finanzkrise beisteuern, die nicht die allgemeine Meinung vertreten. Vielmehr soll eine Alternative aufgezeigt werden, die sicherlich nicht den Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, die mich aber seit einiger Zeit so beschäftigt, dass ich sie an dieser Stelle besprechen möchte. Zuerst will ich nochmals die Entwicklung der aktuellen Krise beschreiben, um gegen Ende zu den Problemen und einem Lösungsvorschlag zu kommen. Zu den Anfängen der Krise

Das Phänomen der Krise also, wie wir es heute kennen, bahnte sich seinen Weg erstmals Ende 2007 in die Medien. Mitte 2008 schließlich erreichte es die allgemeine Öffentlichkeit, mit der Insolvenz der amerikanischen Bank „Lehman Brothers“ im September 2008 als vorläufigen Höhepunkt. Doch wie war es dazu gekommen? Grob gesehen gab es zwei Fehlentwicklungen, die ihre Ursprünge getrennt voneinander hatten, sich im Laufe der Zeit aber immer mehr verzahnten und schließlich zu den schwereren Folgen führten, die uns heute begegnen. Da gab es zum einen die Entstehung einer Immobilienblase. Sie nahm ihre Anfänge Mitte der 1990er Jahre und wurde durch Zinssenkungen der amerikanischen Notenbank nach dem Platzen der Internet Blase („New Economy“) und den Terroranschlägen vom 11.September 2001 weiter angeheizt. Später kamen noch Subprime- (= zweitklassig) Kredite hinzu, so genannte „Ninja-Loans“, eine Abkürzung für „no income, no job or asset“, deren Kreditnehmer nicht einmal ein festes Einkommen oder Rücklagen vorweisen musste, um einen Immobilienkredit zu erhalten. Die Banken vergaben solche Kredite in großen Mengen, heute gilt die „Subprime-Blase“ für viele als Auslöser der Krise. Zum anderen wurden ebenfalls seit Mitte der 1990er Jahre in der Finanzwelt neue Produkte entwickelt, die Namen wie „CDS“, „CDO“ oder „MBS“ trugen. Ihnen zu Grunde liegt meistens das System der „Verbriefung“. Durch sie war es möglich geworden, Kredite handelbar zu machen, Risiken zu verteilen und aus Sicht der Banken viel größere Mengen an Krediten zu vergeben. Dazu kamen noch Fehleinschätzungen der Ratingagenturen, deren Aufgabe eigentlich darin bestand, unvoreingenommen und unabhängig die Geschäfte der Banken zu bewerten und in gewissem Maße so zu überwachen. Dass dies nicht geschah, ist an den Auswirkungen der Krise deutlich zu sehen: Die komplette Weltwirtschaft brach ein, von den Banken über die Autohersteller bis hin zu Kaufhäusern hatten und haben alle Beteiligten mit den Folgen zu kämpfen.

Dies alles sind jedoch klare, sehr einfach verständliche Folgen der Krise, die in jeder Zeitung oder in den Nachrichten nachgesehen werden können. Sie sind sehr kurzfristig angelegt: Man sucht nach einzelnen Schuldpersonen und Schuldigen, welche für die Milliardenverluste verantwortlich sind und findet diese recht schnell in Form von gierigen Bankern, säumigen Aufsichtsbehörden und skrupellosen Zockern, dazu noch die Manager mit ihren überhöhten Gehältern und Bonuszahlungen (deren unermessliche Gier und Unverschämtheit sicherlich nicht zu tolerieren sind). Bei Betrachtung der Geschehen - frühere Krisen mit einbezogen - sollte man sich jedoch auch die Frage stellen, ob es für das alles nicht tiefer liegende Gründe gibt und alles nur Symptome eines größeren Fehlers im System sind, in dem wir leben, da diese Krisen immer wieder auftreten - und zwar in regelmäßigen Abständen. Vielleicht lenkt ja die aktuelle Diskussion nur vom eigentlichen Kern des Problems ab?


Das Problem und eine Lösung

Der Kern des Problems muss nicht unbedingt auf mangelnde Regulierung, falsches Eingreifen des Staates oder menschliches Versagen zurückgeführt werden. Was wäre, wenn man den Zins und Zinseszins als Verursacher solcher Krisen ansehen würde?

Dank des Zinses ist es möglich - wie jeder weiß und mit einer einfachen Rechnung nachprüfbar - aus Geld mehr Geld zu machen, das exponentielle Wachstum lässt diese Entwicklung in immer schnellerer Abfolge geschehen. Legt man beispielsweise 10.000 Euro bei einem Zinssatz von 6% 50 Jahre lang an, so erhält man nach Ablauf dieser Zeit durch Zins und Zinseszins 174.000 Euro, ohne auch nur die geringste Arbeit dafür gemacht oder einen neuen Gegenwert geschaffen zu haben. Eine einfache Rechnung, die jeder Schüler schon einmal gerechnet hat.

Irgendwann muss aber Schluss sein, es gibt kein ewiges Wachstum, und das Gebilde muss zusammenbrechen. In der Natur ist diese Form des exponentiellen Wachstums ebenfalls vorhanden, und auch hier steht am Ende der Tod, das Verderben:

Das Krebsgeschwür beispielsweise wächst aus sich heraus immer schneller, wird exponentiell immer größer, bis es an eine natürliche Grenze stößt und es sich schließlich selbst zerstört.

Als weiterer Gesichtspunkt muss beachtet werden, dass jedem Ertrag auch ein Verlust in gleicher Höhe gegenüberstehen muss, es also immer einen Gewinner und einen Verlierer bei diesem „Spiel“ gibt. So lässt sich auch das Dilemma vieler afrikanischer Länder verstehen, da diese für einen Dollar Entwicklungshilfe aus den Industrienationen ein vielfaches an Zinsen wieder zurückzahlen und so ein nachhaltiger Aufbau nur schwer möglich wird. Dies nur als kleiner Exkurs.

Hält man sich erst einmal nur diese einfachen Tatsachen vor Augen, wird auch schnell deutlich woher viele unsere Probleme in Deutschland (und in der Welt) herrühren: Das Sozialprodukt - also der Wert aller hergestellten Güter und Dienstleistungen in einem Jahr – wird niemals in gleichem exponentiellen Maße steigen, wie es die Zinsen tun, die für die Schulden eines Staates zu zahlen sind. Das Wachstum muss sich abschwächen und ein immer größerer Teil des Sozialproduktes wird für die Bedienung der Schulden verwendet. Früher oder später ist ein Zusammenbruch unausweichlich.

Warum ist es dann nicht möglich, den Zins abzuschaffen, wenn er, wie hier gezeigt, für viele Fehlentwicklungen verantwortlich ist?

Zunächst würde unser jetziges System zusammenfallen, da der Zins die Funktion hat, die Nachfragelücke, die durch das Sparen entsteht, zu füllen. Ohne Zins gibt es anscheinend keinen Anreiz für neue Investitionen. Als Lösung aber käme zum Beispiel ein so genannter „negativer Zins“ in Frage, der den Umlauf des Geldes sichern würde. Dabei müsste man für das Halten seines Geldes einen gewissen Prozentsatz bezahlen und es würde sich nicht mehr lohnen, Geld zu horten.

Jeder wäre demnach dazu angehalten, das Geld auszugeben und der Zins in seiner heutigen Funktion wäre überflüssig geworden, um den Geldkreislauf in Bewegung zu halten.


Fazit

In Anbetracht dieser fatalen Entwicklungen und der Tatsache, dass Krisen wie diese immer wiederkehren, zuletzt 1929 in großem Umfang, drängt sich die Frage auf, wie lange dieses Spiel noch weiter gespielt werden soll. Nach jedem Crash wurde bisher berichtet, man habe aus den jüngsten Ereignissen gelernt und gehe gestärkt in die Zukunft, auch habe man neue Innovationen und bessere Regulierungsmaßnahmen, die eine neue Krise in diesem Ausmaß unmöglich machen würden. Einige Jahrzehnte später steht aber wieder eine Krise vor der Türe.

Man sollte also nach neuen Wegen suchen, um diese Entwicklung zu stoppen. Es wäre schön, wenn sich auch die großen öffentlichen Diskussionen mit Alternativen beschäftigen würden und neuen Ansätzen, in welche Richtung auch immer, offen gegenüberstehen. Zu oft wird, wie ich finde, neuen Ideen kein Platz gelassen, gehört zu werden, eher werden sie überhört, um aus alten Mustern und Gewohnheiten nicht ausbrechen zu müssen.

Denn die Probleme mit den gleichen Mitteln zu bekämpfen, mit denen sie verursacht wurden, wird sicherlich nicht zu einer durchdachten und nachhaltigen Lösung führen können.


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