Das Diktat der Schönheit

Aus Jugendsymposion
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von Michael Reiter, 2. März 2010


Da ich mich in meiner Freizeit viel mit Fotographie beschäftige und so auch das ein oder andere Bild mit Hilfe des Wunderprogramms Photoshop bearbeite, stellt sich mir die Frage, warum wir Menschen durch Werbung und die dort propagierten Ideale so stark beeinflusst werden (können).

Bei Fotoshootings, wo ich oft als Assistent oder auch selbst als Fotograf fungiere, rücke ich zunächst das Model in das rechte Licht, denn schließlich soll es von seiner besten Seite gezeigt werden. Kleinere Unstimmigkeiten zaubere ich dann am Computer weg. Dabei fiel mir erstmals auf, wie stark manipuliert all die Bilder sind, die uns tagtäglich umgeben. Ausdrucksstarke Augen, reine Haut, glänzende Haare, weiße Zähne, geschwungene, lange Wimpern etc. jeder kennt sie, die hübschen und makellosen Gesichter, die uns von den Covern entgegenlächeln. Heutzutage ist kein Bild, welches in Magazinen oder digital veröffentlicht wird, unbearbeitet. Wir sehen uns also ständig mit hübschen, ja gar perfekten Gesichtern und Körpern konfrontiert. Da drängt sich einem doch die Frage nach dem „Warum“ auf. Jedem von uns ist insgeheim klar, dass die Bilder, bevor sie in den Druck gehen, retuschiert werden, doch trotzdem versuchen viele diesen Schönheitsidealen nachzueifern. Deshalb beschäftige ich mich in diesem Artikel mit der Frage nach dem Ziel der Werbung.

Sinn und Zweck einer jeden kommerziellen Werbung ist es, die positive Reaktion potentieller Käufer auf Organisationen und ihr Angebot zu verstärken. Außerdem wird durch Werbung ein höherer Umsatz des Unternehmens erreicht, weil die Aufmerksamkeit in der Bevölkerung für das Produkt gesteigert wird. Es wird gewissermaßen ein neues, erhöhtes Bewusstsein für diese Marke oder jenen Artikel etc. geschaffen.

Um die Aufmerksamkeit der potenziellen Kunden zu wecken, werden etliche Mittel eingesetzt. Damit das Produkt also mit positiven Gefühlen belegt ist, werden häufig Werbemodels eingesetzt, auch wenn es sich primär bei dem Produkt vielleicht gar nicht um Beauty handelt. So werden auch Staubsauger oft von einer hübschen, wohlgeformten Blondine angepriesen. Was sie mit dem Produkt zu tun hat? Richtig erkannt. Eigentlich nichts. Sie gehört nämlich nicht zur Bestellung, soll aber in uns das positive Gefühl für das Produkt „Staubsauger“ verstärken.

Dieser Effekt ist vor allem bei Beautyprodukten sehr stark. Das Model fungiert hier als Eye Catcher, der die Aufmerksamkeit des Betrachters sichert und uns noch einmal genauer hinschauen lässt. Dieses kurze Innehalten bewirkt eine intensivere Auseinandersetzung mit der Werbebotschaft und verankert so das Produkt besser in unserem (Unter-)Bewusstsein.

Nicht selten rufen diese idealisierten Bilder, vor allem bei jungen Frauen und Mädchen, den Wunsch hervor, ebenso zu sein. Die manipulierten Bilder werden also zum Vorbild, dem es nachzueifern gilt. Der Betrachter möchte sich dem Werbemodel gleich fühlen, weshalb er sich mit dem Bild zu vergleichen beginnt. Meistens handelt es sich hierbei um ein Aufwärtsvergleich, dass heißt, der Betrachter sieht die Unterschiede zwischen sich selbst und dem Model und ist daraufhin unzufrieden. Er erkennt die eigenen Makel und findet sich ungenügend im Vergleich zu diesem perfekten, fehlerlosen Gegenüber.

Hervorgerufen durch Medien wie die Werbung, vergleichen wir unser äußeres Erscheinungsbild also permanent mit den perfekten Idealen. Da drängt sich einem recht schnell die Frage auf: Warum wollen wir eigentlich schön sein? Schön um jeden Preis? Die Zahl der Frauen, die sich für eine vermeintliche Schönheitskorrektur unter das Messer legen steigt stetig und auch Männer werden zunehmend in den Sog des Schönheitsdrangs gezogen.

Schönheit scheint heutzutage ein Synonym für Erfolg und Disziplin zu sein. Wer nicht diesen Idealen nacheifert, gilt als jemand, der nicht hart arbeitet sonder nur „frisst und konsumiert“.

Schon Platon sprach davon, dass man über die Schönheit des Körpers zur Schönheit der Seele, der Sitten und zur intellektuellen Erkenntnis gelangen kann. Schönheit wird also nicht länger als etwas peripheres, sondern vielmehr als wirkungsvolles, soziales Zeichen angesehen.

Das Motto lautet: „what is beautiful, is good“. So werden hübschen und attraktiven Menschen sogar automatisch positive Eigenschaften wie soziale Kompetenz, Intelligenz und Vertrauenswürdigkeit zugeschrieben. Wer wünscht sich das nicht? Schön, schlau und attraktiv zu sein? Die Antwort ist recht eindeutig, wenn man sich die Zahlen der Magersüchtigen und Bulimiker anschaut, die drastisch steigen. Vielen fehlt der Draht zur Realität, die glauben, die Bilder präsentieren ihnen die Wirklichkeit und tun alles dafür, diesem Ideal ein wenig näher zu kommen. Eine Mahlzeit wird ausgelassen, der Sport wird intensiviert etc. Und das ist nur der Anfang.

Die Werbung will uns also Glauben machen, dass wir für unsere persönliche Schönheit verantwortlich sind. Ja, wenn wir nur hart genug arbeiten, werden wir alle wie eines von Heidis Germanys next Topmodels aussehen. Um dieses Ziel zu erreichen, werden kaum Mittel gescheut. Da kommen die verheißungsvollen Beautyprodukte gerade recht, um unser Aussehen etwas aufzupolieren und so unserem Ziel ein Stückchen näher zu kommen. Die Werbung weckt also den Wunsch nach Perfektion, der wir nacheifern und von der wir früher oder später bitter enttäuscht werden. Denn wer ist schon perfekt? Auch Heidi Klum ist ein Mensch und sitzt stundenlang unter der Haube, bevor sie Bilder schießt, die dann am Computer den letzten Schliff bekommen. Wir begehren also übermenschliches, unerreichbares und scheitern deshalb schon beim Versuch.

Von außen betrachtet ist das Bild, dass sich einem bietet recht nüchtern. Seien wir doch mal ehrlich: unser Schönheitsideal wird von den Medien geprägt. Lägen füllige Frauen im Trend, empfänden wir wohl auch diese als schön. Unser Schönheitsempfinden ist also stark beeinflussbar und sehr subjektiv. Maßgeblich lassen wir uns dabei von zwei Normen leiten: einmal sind es gesellschafliche Faktoren und zum anderen unsere persönliche Auslegung des Begriffs Schönheit. Doch wer entscheidet eigentlich, was gemeinhin als schön gilt?

Das Schönheitsideal wird in unserer Gesellschaft durch Modeschöpfer, Werbefachleute, Kosmetikfirmen, bekannte Persönlichkeiten und etliche Fernsehshows geprägt.


Schlussendlich muss ich sagen, dass wir Menschen uns nicht dem Diktat des Schöneheitsideals durch Medien unterwerfen sollten, sonder an unsere eigene natürliche Schönheit glauben, und diese ausleben.

Denn, wie Platon schon sagte, wir können zwar über die körperliche Schönheit zur Schönheit des Geistes gelangen und schließlich zur „seiner Natur nach Schönen“, also der Idee des Schönen selbst. Doch die Idee dessen was „schön“ ist liegt immer noch im tiefsten Innern des Betrachters und lässt ihm freien Interpretationsspielraum.


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