Bewusstsein – Eigene Gedanken

Aus Jugendsymposion
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von Lilian v.Wangenheim, 4. Oktober 2010


Anlässlich des dritten Jugendsymposions näherte ich mich auf einem persönlichen Weg dem Thema Bewusstsein. Dazu stellte ich zunächst verschiedene Fragen an die Thematik und versuchte mir (auch im Gespräch), die Antworten selbst zu geben, bzw. das Gedachte »nachzufühlen« und »nachzuspüren«.

Was ist Bewusstsein? Mit welchem Bewusstsein von was leben wir im Alltag? Was gibt es für verschiedene Bewusstseinsstufen? Was ist Bewusstseinserweiterung und wie verändert sie den Menschen?

Diese Fragen kamen in mir auf, sobald ich über das Thema »Bewusstsein« nachdachte und wandelten und erweiterten sich mit der Zeit.

Bewusstsein ist, als Gegenteil des Unbewussten, wenn ich merke, dass ich etwas wahrnehme. Diese Definition liegt schon im Begriff selber.

Bewusst-sein: »ist das, wovon ich mir bewusst bin«, »wovon ich weiß«. Dabei sagt man, dass das Bewusstsein in uns im Verhältnis zu unserem Unbewusstsein, ein Tropfen Wasser zu einem See oder Meer steht. Das Unbewusste besitzt demnach ungeahnte Ausmaße, während das Bewusstsein bildlich gesehen kaum sichtbar ist. Was uns nicht kontrollierbar erscheint (Gefühle, Erinnerungen) können wir verdrängen, in das Unterbewusstsein abschieben. Dies wird »selektive Wahrnehmung« genannt: Wir sortieren aus, was wir im Bewusstsein haben wollen und was nicht.

Würden wir alles wahrnehmen, alles im Bewusstsein haben, was ist, in diesem Moment, würden wir wohl entweder erleuchtet werden oder verrückt.

Was ist also für eine Bewusstseinserweiterung nötig? Was braucht der Mensch dafür in sich?

Ich denke die Antworten sind Selbstzentriertheit, eine Verankerung nach Innen, die Fähigkeit, sich nach Innen zu wenden und ein ausgeprägtes Ich- Bewusstsein, das uns Halt gibt, in uns selber, sodass wir mit Allem verbunden sein können, ohne darin aufzugehen, uns aufzulösen oder uns darin zu verlieren.

Versuche ich nun, genau das zu tun, mich ganz nach Innen zu wenden und trotzdem alles um mich herum wahrzunehmen, kann ich folgendes feststellen:

»Ich nehme mein Bewusstsein war« und »Das Bewusstsein nimmt mich wahr«.


Was bedeutet: Das Bewusstsein nimmt mich wahr?

In diesem Moment empfinde ich das Bewusstsein als eine Art Sphäre, die alles durchdringt.

Es ist nicht mehr etwas außerhalb oder in uns, in unserem Kopf, in unserem Gehirn. Es ist etwas längst bestehendes, was wir nicht erzeugen, aber an was wir teilhaben können, tagtäglich - immer dann, wenn wir uns darauf einlassen. Mache ich mir alles bewusst, was ist, gliedert mich das ein, in meine Umgebung. Ich fühle mich als Teil von allem anderen, was ist und ich fühle mein Bewusstsein als Teil von allem Bewusstsein, was ist.


Von dieser Erkenntnis geht (meiner Ansicht nach) sehr viel aus, sie ist die Vorraussetzung für noch folgende Feststellungen. Wenn wir nämlich uns selber durch diese Übung eingegliedert fühlen in das Bewusstsein um uns, und unser Bewusstsein als Teil von ALLEM Bewusstsein fühlen, erscheint es uns ganz selbstverständlich, dass die Erweiterung des Bewusstseins die Fähigkeit in sich birgt, empathischer zu werden.

Wir vergrößern unsere Wahrnehmung, breiten sie aus und sind plötzlich fähig, viel mehr zu bemerken und aufzunehmen wie zuvor. Allerdings wird nicht nur die Aufnahmebereitschaft größer, sondern wir können, solange wir in uns selbst verankert sind, alles, was wir wahrnehmen, was in unser Bewusstsein dringt, besser verarbeiten, ohne dass wir distanziert und kühl dem Wahrgenommenen gegenüberstehen. Im Gegenteil, wir sind fähig, Mitgefühl zu entwickeln, ohne dass uns dies überlastet oder überfordert.

Ich denke, dass hiermit ein wichtiger sozialer Aspekt des Bewusstseins und seiner Erweiterung zum Ausdruck kommt und man nun ansatzweise ein Gefühl davon bekommt, was die Erweiterung des Bewusstseins im Menschen bewirken kann und welches Ausmaß diese Erweiterung annehmen könnte.


Wenn Bewusstsein etwas längst Existierendes ist, was wir sozusagen nicht besitzen, aber an dem wir teilhaben und noch mehr teilhaben können, stellt man sich wahrscheinlich die Frage, warum gibt es dann Völker, Stämme und andere Bevölkerungsgruppen, die sich auf einer völlig anderen Bewusstseinebene zu befinden scheinen?

Diese Frage führte mich unwiederbringlich zu einem der führenden Bewusstseinsforscher heute: Ken Wilber.

Ken Wilber schreibt in einem seiner Bücher über die sogenannten »Holons«, von der je einer eine Bewusstseinsebene symbolisiert. Nur liegen Holons nicht aufeinander oder nebeneinander, sondern, sind wie eine russische Babuschka eine abgeschlossene Schicht, die sich um die nächste legt.

Der außenliegende Holon umschließt damit alle Holons, alle Bewusstseinsstufen in sich.

Jeder Mensch durchläuft die verschiedenen Bewusstseinstufen, bis zu einem gewissen Punkt.


Dabei ist die Entwicklung des Menschen, vom Baby, zum Kleinkind, vom Jugendlichen bis zum Erwachsenen mit der gesamten Entwicklungsgeschichte der Menschheit vergleichbar.

Ganz zu Anfang sind wir noch mit allem um uns »eins« und unterscheiden nicht von »ich« und »du«, so wie zu Anfang der Menschheitsgeschichte der Mensch noch ganz eng mit der Natur verbunden war und die Gruppe als Ganzes wichtiger war, als die einzelne Person als Individuum. Dann beginnt das „ich“ in uns zu reifen und je älter wir werden, desto mehr entfernen wir uns von unseren Eltern. Als Kleinkinder haben wir ihnen noch alles nachgemacht und wollten immer genau das tun, was sie tun und dann stellen wir sie plötzlich in Frage und zweifeln auch immer mehr alles um uns herum an. Wir rebellieren oftmals gegen die vorgegebenen Strukturen, Regeln und Systeme. Auch dies, denke ich, kann man mit einer bestimmten Zeitepoche in der Menschheitsgeschichte in Verbindung bringen.


Versteht man Bewusstseinstufen nun als viele verschiedene Schichten, die die niedrigeren in sich bergen, so bedeutet dies, dass sich auch jeder einzelne Mensch zu immer höheren Bewusstseinsstufen hinentwickeln kann.


Ganz der Quantenphysik entsprechend heißt dies gleichzeitig ja auch, dass alle Menschen miteinander verbunden sind und alles was ist, miteinander verbunden ist.

Man kann sich Bewusstsein wie eine Art Netz vorstellen das alles, was Bewusstsein ist miteinander verknüpft und in das Netzt integriert. Wird dieses Netz durch einen Gedanken einer einzelnen Person in Schwingung gebracht, sozusagen elektrisiert, können dies alle anderen Menschen wahrnehmen, wenn auch unbewusst und davon in gewissem Maße »profitieren«, daran teilhaben. Denn je mehr Menschen sich auf einer höheren Bewusstseinebene befinden, desto leichter ist es für die anderen, diese auch zu erreichen.


Mit welchem Bewusstsein leben wir im Alltag bzw. warum ist unser alltägliches Bewusstsein dann oft so eingeschränkt?

Von Geburt an entwickeln wir Fähigkeiten wie z. B. dem Umgang mit Emotionen und Bewusstsein für den eigenen Körper, sowie Fähigkeiten in Bereichen der sozialen Handlungen und der geistigen Arbeit, wie Reflektionsfähigkeit, Konzentrationsfähigkeit und Abstraktionsfähigkeit.

Wenn nun Störungen, im Sinn von Kränkungen oder Verletzungen, bis hin zu Traumata, zu einem bestimmten Zeitpunkt in unserer Biographie entstehen, werden sich die Fähigkeiten, die in dieser Zeit hätten entwickeln sollen, nicht so gut entwickeln. Wenn wir diese Verletzung, Erinnerung oder das Geschehnis verdrängen, kann es passieren, dass uns, wenn wir dann älter geworden sind, nicht bewusst ist, dass wir durch dieses Trauma an diesem Punkt wie hängengeblieben sind.

Ich denke, jeder Mensch kennt das Gefühl, zu bemerken, dass etwas an seiner Reaktion auf etwas bestimmtes oder dass etwas an seinem Umgang mit einem bestimmtem Thema oder mit einer bestimmten Situation nicht angemessen ist, bzw. dass in diesem Augenblick etwas mit eine Rolle spielt, was einem zwar nicht bewusst ist, aber was sich auf den eigenen Umgang oder die eigene Reaktion auswirkt. Dies wiederholt sich zumeist auch und unsere Reaktionen scheinen nicht beeinflussbar zu sein.

Idealerweise fühlen wir uns stark, sicher und selbstbewusst genug, um an diesem Punkt an uns selber zu arbeiten. Versteht man den Menschen nun als ein Wesen, welches sich im Wesentlichen dadurch auszeichnet, dass es nach Entwicklung, Veränderung und Weiterkommen strebt, muss man auch davon ausgehen, dass der Mensch immer versuchen wird diese Traumata aufzuarbeiten, um seine Wunden heilen lassen zu können, um weiterzukommen und um irgendwann eine höhere Bewusstseinstufe zu erreichen.

Dies kann jedoch nur stattfinden, wenn entsprechende Umstände herrschen und wenn ein entsprechender Raum und Rahmen vorhanden ist, oder geschaffen wird, weswegen man einige Verletzungen lange mit sich herumträgt. Man kann davon ausgehen, dass das Unterbewusstsein, als Träger aller verdrängten Gefühle und Traumata, den Menschen immer wieder mit diesen konfrontieren wird, in dem man seine eigenen Lebensumstände unbewusst so gestaltet, dass die verdrängten Gefühle wieder ins Bewusstsein dringen.

Die Auseinandersetzung mit unseren eigenen Bewusstseinsinhalten und unseren Reflektionen ist also maßgeblich Vorraussetzung dafür, dass wir in unserer Bewusstseinsentwicklung voranschreiten.


Links

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