(Meine) Entwicklungsschritte im einem wiederkehrenden Wechsel von Nehmen und Geben

Aus Jugendsymposion
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Sonntag, 28. Februar 2010 (Meine) Entwicklungsschritte im einem wiederkehrenden Wechsel von Nehmen und Geben

Nun bin ich seit einiger Zeit 18 Jahre alt und wenn ich auf meine bisherige Entwicklung zurückblicke, fallen mir einige interessante Herausforderungen ein. Meist waren es Angebote, die ich wahrgenommen habe, die mich in ganz neue Lebenssituationen geführt und interessante Erfahrungen ermöglicht haben.


Am Anfang habe ich mich immer erst einmal als jemanden wahrgenommen, der das Neue auf– und annimmt; danach war ich bereit, etwas von mir dazu zu geben. Insgesamt kann ich dabei ein Muster vom Nehmen und Geben entdecken. Man setzt sich einer Situation aus und sammelt erst einmal Erfahrungen. Im nächsten Schritt wird man häufig dazu angeregt, eigene Impulse zu setzen, also aus sich herauszugehen und Ideen zu entwickeln, wie man etwas anders machen kann oder vielleicht sogar besser. Es ist also ein Wechselspiel dieses „Nehmen und Geben“.

In sehr ähnlicher Art und Weise ist es mir mehrfach passiert. So z.B. beim Sport:

Nachdem ich das Fußballspielen aufhörte, interessierte ich mich für Leichtathletik. Es vergingen fünf Jahre, in denen ich intensiv diese Sportart kennenlernte und Erfahrungen auch durch Wettkämpfe sammelte, ehe ich gefragt wurde, ob ich mir nicht vorstellen könnte, als Übungshelfer eine Gruppe mit zu leiten. Ich freute mich über das Angebot, nun meine eigenen Erfahrungen an junge Kinder weitergeben zu können. Daneben entstand nach meiner Konfirmation mein Engagement im CVJM auf ganz ähnliche Weise. Erst ging ich zwei Jahre in einen Jugendkreis, in dem wir sehr unterschiedliche Dinge unternommen haben, die nie langweilig waren, weil wir unser Programm selber gestalten konnten. Nach einiger Zeit fragte mich der hauptamtliche Gruppenleiter, ob ich bei einer neu startenden Kindergruppe nicht mitmachen wollte.

Zuerst war ich ein bisschen skeptisch, ob ich mir das wirklich zutraue, eine weitere Gruppe mit zu leiten. Denn dreimal in der Woche mit Kindern etwas zu machen, ist zeitintensiv und könnte ja anstrengend werden. Diese anfänglichen Bedenken verflogen bald, weil die Arbeit mit den Kindern mir sehr viel Spaß bereitete und ich dafür gerne meine Zeit einsetzte. Seit gut eineinhalb Jahren gehören diese Aktivitäten in meinen Alltag und ich weiß, ich bin sehr froh darüber.


Wenn ich nun die Perspektive wechsle und von außen auf das Ganze schaue, fällt mir etwas auf. Ich hatte sehr wenig anfängliche Probleme mit der Arbeit. Dies kann ich mir eigentlich nur durch die bisherige „Waldorferziehung“ erklären. Denn nur wir erhalten so viel Bühnenerlebnisse und Arbeitserfahrung durch diverse Praktika. Schon als kleines Kind stehen wir bei Monatsfeiern auf der Bühne und singen Lieder, sprechen Gedichte oder machen Eurythmie. Ich glaube durch diese Erfahrungen aus Kinderzeiten wird uns oftmals die Angst, vor Menschen etwas zu präsentieren, genommen. Auch wenn man weiter schaut und an die Klassenspiele denkt, wird das deutliche Sprechen, sich in eine Rolle Versetzen und die Rücksichtnahme auf andere Spieler gelernt und gefördert. Zur Vollendung der schulischen Persönlichkeitsentwicklung steht mit dem Künstlerischen Abschluss und der Jahresarbeit der Weg offen.


In meinem Sozialpraktikum, das ich in einem Krankenhaus absolvierte, lernte ich z.B. was Organisation, Logistik und Routine bedeuten. Mein Arbeitstag war klar strukturiert: morgens Frühstück verteilen, Betten machen, Mittagsessen ausgeben, Lager auffüllen und nachmittags Blutwerte messen. Nach ein paar Tagen hatte ich mich gut eingearbeitet und alle Arbeiten wurden zur Routine. Schnell merkte ich, dass ich durch die Routine sehr diszipliniert arbeitete. Auf der einen Seite wurde die Routine zur Entlastung, weil ich nicht über alles nachdenken musste und auf der anderen Seite gab sie mir Sicherheit und Kraft für die Arbeit. Dadurch gelang es mir zunehmend, mit einzelnen Patienten Kontakt aufzunehmen und zu reden. Jedoch stelle ich im Hinblick auf meine Tätigkeit im CVJM auch fest, dass reine Routine zu Langeweile führen kann sich aber auch Möglichkeiten zu Neuem eröffnen.

Deswegen ist es sinnvoll, wenn man immer mal wieder etwas Kreatives ausprobiert, ein neues Spiel, eine Weiterentwicklung oder eine Veränderung der Regeln. Es muss einem hierbei aber klar sein, dass es kein Problem ist, wenn nicht alles sofort 100%ig funktioniert. Man sollte mutig sein, wenngleich man realistisch bleiben muss, um nicht zu hohe Risiken einzugehen.

Hier geht es um Vertrauen in doppelter Hinsicht: einerseits um das Selbstvertrauen auch eigene Ideen umsetzen zu können und anderseits um das Vertrauen der Eltern, die ihre Kinder in meine Gruppe schicken. Um der damit verbundenen Verantwortung gerecht zu werden, ist es nötig, sich rechtfertigen zu können – in dem Sinne, dass die Vorbereitung gut durchdacht ist. Auch hier erkennt man wieder ein Geben und Nehmen (ich gebe meine Ideen, mein Engagement und nehme dafür das Vertrauen der Beteiligten).


Mit Blick in die Zukunft und der Frage, wie es weiter gehen könnte, sehe ich den Wunsch zu immer wieder neuen Herausforderungen in unterschiedlichen Bereichen: Spiele, Gruppen und Engagements. Ich kann mir gut vorstellen, mein bisheriges Wissen und die Erfahrungen auf neue Projekte zu übertragen. Im Speziellen könnte ich mir für die Zeit nach dem Abitur vorstellen, den Zivildienst in einer Camphill Einrichtung zu leisten; dort könnte ich meine Erfahrungen in die Arbeit mit Behinderten einbringen. Ein anderer Gedanke für die verbleibende Schulzeit wäre, dass ich monatlich einen politischen Beitrag für den Freitagsbrief schreibe. Ich würde gerne den sogenannten Gefangenen des Monats aus der Zeitschrift Amnesty International porträtieren und diese Person mit ihrem Engagement für Menschenrechte, Meinungsäußerung oder Pressefreiheit vorstellen.


Abschließend möchte ich sagen, dass mir viele Menschen Entwicklungsimpulse geschenkt haben und ich gerne etwas davon anderen Menschen zurück geben will.


Florian Lagoda


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